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Die Anziehungskraft
der Gegensätze

 

Durch einen Artikel in der New York Times sei er auf Najma Akhtar aufmerksam geworden, schreibt Produzent Gary Nesbitt in den Linernotes zu "Rishte". Er habe sich darauf hin ihre CD "Qareeb" gekauft und sich sofort in ihre "wunderschöne, engelsgleiche Stimme" verliebt. Das war bereits 1989 - und es sollten noch einige Jahre ins Land gehen, bis der amerikaniche Produzent und die aus Indien stammende, jedoch in London lebende Sängerin zu einem gemeinsamen Projekt zusammenfinden würden.

Najma Akhtar war in der Zwischenzeit nicht nur mit Musik beschäftigt: Als sie im Oktober 2005 Verwandte in Indien und Pakistan besuchte, wurde sie Augenzeugin des ungeheuren Erdbebens in Kaschmir, der Grenzregion beider Länder, bei dem über 80.000 Menschen ums Leben kamen. Akhtar unterstützte daraufhin internationale Hilfsorganisationen bei der Organisation von Hilfslieferungen an die Überlebenden im Erdbebengebiet.

Als sie sich nach ihrer Rückkehr wieder der Musik widmete, fand sie offenbar Gefallen an der Idee der Kooperation mit dem Blues-Produzenten aus New York, der sie daraufhin mit Blues-Gitarrist Gary Lucas zusammenbrachte. Lucas' musikalische Biografie sprengt nahezu jeden Rahmen, die Zahl seiner Kooperationen ist nahezu unendlich. Lucas hat seine eigene Rockband ("Gods & Monsters"), spielte früher bei "Captain Beefheart", schrieb Musik für Stummfilme ("Golem"), unterrichtet Gitarrenklassen in Amsterdam und Hawai - und verbrachte zwei Jahre in Taiwan, wo er sich intensiv mit chinesischer Musik befasste.

"Indische Musik", sagt Lucas, "liebe ich, seit ich als Kind die Musik von Ravi Shankar entdeckte." Und so schien er der richtige Partner für ein ehrgeiziges Projekt: die Fusion der zarten Poesie der indischen Sängerin und ihrer glockenhellen Stimme mit dem in sich gekehrten, selbstvergessenen Blues des amerikanischen Studio- und Livemusikers. "Ich gab ihr ein paar Gitarreninstrumentals von mir, um damit zu arbeiten", erklärt Lucas die Vorgehensweise, "und mit ihren wunderschönen, gefühlvollen Melodien und Texten übertraf sie sämtliche Erwartungen dieser Zusammenarbeit."

Der ungewöhnliche Sound von "Rishte" erschließt sich nicht sofort. Sowohl für Anhänger indischer Harmonien als auch für Blues-Fans dürfte er eine Herausforderung sein. Dennoch erkennt man bei genauerem Hinhören Verwandtschaften - sowohl die klare Stimme von Najma Akhtar als auch die Gitarre von Gary Lucas entfalten hypnotisierende Kräfte, die sich, trotz oder wegen ihrer scheinbaren Gegensätzlichkeit, magisch anziehen. Ein spannendes, Funken sprühendes Album, das Lucas sicherlich zu Recht zu den aufregendsten Erlebnissen seiner musikalischen Karriere zählt.

© Michael Frost, 29.07.2009


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