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Miniatur-Symphonien


Nein, leichte Kost ist das nicht, die uns dieser Tage von der britischen Band "Archive" aufgetischt wird. Welche Band wagt es heutzutage schon noch, ein Album mit einem Titel von 16 Minuten Spieldauer zu eröffnen ?

Es sind aber nicht allein die epischen Ausmaße ihrer Titel, die an Pink Floyd erinnern, denn auch in musikalischer Hinsicht scheinen Archive stark vom psychedelischen Gitarrenrock der 70er Jahre beeinflusst zu sein. "You all look the same to me", so der Album-Titel des aus Danny Griffith, Darius Keeler und Craig Walker bestehenden Trios, beginnt viel versprechend.

Der erwähnte Eröffnungssong "Again" beginnt leise und verhalten, baut sich langsam auf und entwickelt im weiteren Verlauf eine mitreißende Dramatik, die von Gitarren, Streichern und dem Gesang von Craig Walker getragen wird - und sich in den weiteren Titeln fortsetzt.

Computer-Samples und elektronische Beats bilden die Brücke zwischen dem pompösen 70er Sound und heute. "Finding it so hard", mit 15 Minuten Länge ein weiteres Album-Schwergewicht, lehnt sich streckenweise an Radiohead an, fügt Trancerhythmen hinzu, bleibt aber trotz diverser elektronischer Spielereien in der Logik des Gitarrenrock verhaftet. Dadurch wirkt ihr Sound erdiger, ist mehr im Hier und Jetzt angesiedelt als die Endzeitstimmungs-Epen von Radiohead. Auch sorgt Craig Walker mit wandlungsfähiger Stimme immer für das rechtzeitige Beidrehen des Bandsounds vor dem Abgrund.

Die unheilschwangere Stimmung des Albums, der übergangslose Wechsel zwischen den Liedern, die durchdachte Dramaturgie des gesamten Albums und der einzelnen Segmente machen "You all look the same to me" zu einem homogenen Klangkörper, einer Art Mini-Symphonie, deren Besonderheit in der erstaunlichen Verbindung von Stilen aus verschiedenen Jahrzehnten der Rockgeschichte liegt.

Michael Frost, 25. Mai 2002

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