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Jeder einzelne
Ton fasziniert


Wie gut das tut. Nach ihrem ambivalent aufgenommenen Ausflug in die Welt des Tango ("Tango toujours", 2003) zeigt sich Lydie Auvray wieder in Höchstform.
Die Akkordeon-Virtuosin aus der Normandie, die seit Jahren Dauergast auf allen Groß- und Kleinkunstbühnen Deutschlands ist, präsentiert sich auf ihrem neuen Album erstmals ohne Begleitung. Weder ihre angestammten "Auvrettes" noch das Indigo-Quartett, mit dem sie ihre letzte Tour bestritt, wurden an den Aufnahmen beteiligt.

"Pure" ist über sechzehn kurzweilige Musette-Walzer, Javas und Tangos ein intensiver bis fesselnder Dialog zwischen Musikerin und Instrument, von großer Intensität und Atmosphäre, authentisch bis in das letzte leise Luftholen des Akkordeonbalgs. Nichts wurde retuschiert, nichts hinzugefügt. "Selbst der Hall ist der Naturhall des Raumes und kommt nicht von einem elektronischen Gerät - wie sonst üblich", erklärt Lydie Auvray im Begleitheft.

Folgerichtig hat sie - unter Ausschöpfung der Möglichkeiten moderner Klangtechnik - das Album von vornherein als Dolby 5.1 Surround-Produktion geplant und eingespielt, weshalb es nun als Super Audio CD in beispielhafter Qualität veröffentlicht werden konnte.

Die Authentizität der Produktion ermöglicht dem Zuhörer direkten Zugang zum kreativen Universum der Komponistin und Instrumentalistin Lydie Auvray. Ganz nebenbei wird auch das komplette Spektrum der Gefühle erkennbar, die das traditionsreiche Instrument auszudrücken in der Lage ist. Lydie Auvray selbst beschreibt diese Skala in einem der wenigen Titel des Albums, zu dem sie auch singt ("Java en -on") mit den Worten: "Es weiß zu schreien, wenn wir weinen // zu bezirzen und zu lachen, wie wir wollen". Tief empfundene Traurigkeit, leise Melancholie, heitere Frühlingsstimmung oder Temperament und Überschwang: Tatsächlich sind die wenigsten Instrumente zu einer solchen Bandbreite von Emotionen fähig, und es bedarf schon solch begnadeter Künstlerinnen wie Lydie Auvray, um dem sperrigen Instrument all seine Geheimnisse auch wirklich zu entlocken. Auf "Pure" jedenfalls ist ihr dies gelungen. Die Intimität der Aufnahme rührt das Herz, reißt mit und fasziniert in jedem einzelnen Ton. Wie gut das tut.

© Michael Frost, 18.09.2004

 


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