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Selten erreichte
Intimität


Nicht wenige Musikexperten behaupten, Chet Baker sei der beste Sänger des 20. Jahrhunderts gewesen. Das überrascht zunächst, weil man ihn vermutlich in erster Linie als begnadeten Jazz-Trompeter in Erinnerung hat. Tatsächlich gibt es auch weit mehr Instrumental- als Gesangsaufnahmen von ihm, was allerdings daran liegt, dass er nach einem Unfall Ende der 60er Jahre, bei dem er seine Zähne verlor, nie mehr sang. Nur dank kiefernchirurgischer Finesse konnte er hinterher überhaupt noch Trompete spielen.

Alle zwanzig Titel der grandiosen Compilation "The best of Chet Baker sings" entstanden also vor diesem Ereignis, genau gesagt sogar weit vorher, nämlich zwischen 1953 und 1956.

Wie auch die Instrumentalaufnahmen stehen die gesungenen Titel in der damals noch jungen Tradition des Cool Jazz, einer Richtung, die mit minimalen Mitteln versuchte, größtmögliche Wirkung zu erzielen. Chet Baker war der Meister des Cool Jazz, schon während des ersten Titels des Albums "The thrill is gone", verschlägt es dem Hörer die Sprache. Analog zu einem weiteren Song Bakers fordert die CD im Untertitel auf "Let's get lost" - und genau das passiert auch.

Bakers sanfte, verloren und verletzlich wirkende Stimme bringt alles mit, was man braucht, um alles um sich herum zu vergessen und das Seeleninnerste nach außen zu kehren. Wenn er Lieder wie "I remember you" oder "Like someone in love" intoniert, dann bleibt die Zeit stehen und das Blut gefriert in den Adern. Noch bewegender wird es, wenn man Bakers Version des Rodgers/Hart-Klassikers "My funny Valentine" hört. Baker beweist, dass weniger mehr sein kann, indem er sich allein von Bass und Piano begleiten lässt. So schafft man wahre Intimität, wie sie seither nur selten erreicht wurde.

Aber auch auf Bakers Trompeteneinlagen muss man nicht verzichten. Sanft umspielen und ergänzen sie die Gesangspartien, stets zurückhaltend und immer darauf bedacht, die melancholische Grundstimmung der Lieder zu erhalten, die von der verloren gegangenen Liebe und gebrochenen Herzen erzählen: direkt, ungeschminkt, hautnah und niemals kitschig.

MF / 26. Mai 2001

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