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Pop-Balladen statt
Jazz-Avantgarde

von Hans Happel


Arme Rebekka Bakken: Nahezu jede Besprechung ihres neuen Albums "Morning hours" arbeitet sich zunächst am Werdegang der als Jazz-Sängerin gestarteten Interpretin ab, um schließlich mit zweifelndem oder zustimmenden Unterton - je nach persönlichem Geschmack des Rezensenten - festzuhalten, wie weit sie sich inzwischen vom Vocal Jazz entfernt habe. Sie selbst, so erzählte sie jüngst nochmals im Interview auf laut.de, sehe sich überhaupt nicht als Jazzerin. Doch ihren exzellenten Ruf verdankt sie ihrer Zusammenarbeit mit der Pianistin Julia Hülsmann, mit deren Jazz-Trio sie 2003 Gedichte von E.E. Cummings vertonte ("Scattering poems").

Auch wenn es wohl daran liegt, dass Bakkens Website von ihrer aktuellen Plattenfirma Universal betrieben wird, während "Scattering poems" beim Jazz-Label ACT erschien, so hat das Fehlen jedes Hinweises auf dieses Album in ihrer Diskographie durchaus Symbolgehalt: Rebekka Bakken möchte als Songwriterin und Pop-Interpretin wahrgenommen werden.

Und wie um diese vermeintliche Abkehr zu unterstreichen, beginnt sie "Morning hours" mit einer nicht einmal dreiminütigen Popballade von geradezu offensiver Banalität - nicht die Spur von Jazz, Blues oder anderen Gefühlen mit Tiefgang. Rebekka Bakken, gesegnet mit einer faszinierend warmen, klaren und modulationsreichen Stimme, übt sich in gezieltem Understatement, das im Zuge ihres Albumkonzeptes durchaus Sinn macht: Die "Morning hours" beginnen noch etwas schlaftrunken, nur zögerlich öffnet man die Augen und wird erst mit der Zeit aufnahmefähig für große Linien, feine Details und wunderbare Momente wie in dem dynamischen "Sometimes"

 

 

© Hans Happel, 04. März 2005


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