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Der Sturm vor der Ruhe Gastbeitrag von Nils Neumann

 

Banner Pilot sind eine frische Band aus Minneapolis, die neuerdings bei Fat Wreck unterkommen konnten und im September mit „Collapser“ ihren ersten Longplayer auf dem neuen Label vorgelegt haben. Eine verheißungsvolle Sache, denn Fat Wreck steht ja für flotte Punk-Rhythmen, gepaart mit ohrwurmigen Melodien. Die LP-Version des Albums kommt auf derbe schwerem Vinyl und bringt damit schon allein durch das Material eine Menge Schwung auf den Plattenteller. Freilich will die Scheibe aber nicht nur mit den Händen sondern vor allem mit den Ohren genossen werden.

Wenn eine Band ihr Album mit „Collapser“ betitelt, dann verbirgt sich dahinter die mehr oder weniger ausgesprochene Botschaft: Wir steuern direkt auf den Abgrund zu, und zwar mit Höchstgeschwindigkeit. Bevor es still um uns wird, wollen wir uns mit aller Kraft noch einmal aufbäumen. Das ist nicht zu viel versprochen, denn musikalisch geht es auf der Platte kräftig zur Sache. Wenn Banner Pilot zusammen mit Blink-182 als Protagonisten in einem Videospiel auftreten würden, dann wären Blink Mario, und Banner Pilot wären Wario: Auf den ersten Blick sehen sich beide sehr ähnlich, aber bei genauerem Hinsehen stellt sich heraus, dass Wario um einiges cooler und auch aggressiver ist. Das Motto von Collapser lautet also: Gas geben und Spaß haben – bis zum Umfallen.

Handwerklich bietet das Album den zu erwartenden sehr soliden Punkrock mit eingängigen Melodien. Vor allem der Bassist der Band ist nicht faul und wird nicht müde, seine Finger zu bewegen – und zwar die Finger beider Hände. So entstehen durchweg schnelle und mitreißende Songs, deren muntermachende Wirkung es locker mit einer Kanne Kaffe aufnehmen kann. Anders als manche andere melodiöse Punkband verfallen Banner Pilot dabei nicht in den Irrtum, ein ordentliches Album müsste immer auch ein oder zwei langsame Stücke beinhalten. Wer bremst, verliert. Und wer es auf den Kollaps abgesehen hat, darf eben nur beschleunigen. Daher überzeugt das Album wirklich von vorne bis hinten; es beinhaltet keine Enttäuschungen. Vor dem ansprechenden Gesamtbild gibt es dann jedoch andererseits auch nur wenige richtige Glanzpunkte, die deutlich aus der Mischung herausragen. Zu diesen wenigen Glanzpunkten gehört aber auf jeden Fall des sehr geile Stück „Greenwood“.

Ein durchgetretenes Gaspedal bis zum Zusammenbruch scheint im Punkrock ja überhaupt das Erfolgsrezept schlechthin des Genres zu sein. Insofern versuchen Banner Pilot mit ihrem neuen Album den Sturm vor der Ruhe heraufzubeschwören. Aber für meinen Geschmack darf der Kollaps auch gerne noch ein Weilchen auf sich warten lassen. Packt lieber erst mal noch eine Schippe drauf, Jungs!

© Nils Neumann, 22.10.2009


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