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Ansteckend gut gelaunt
von Hans Happel


Lisa Bassenge beherrscht die Kunst der ganz leichten Muse, die man an einem Sonntagnachmittag genießt, im Spätsommer, wenn Frühlingsstürme längst vorbei und Hochsommer-Leidenschaften abgekühlt sind, aber noch etwas in der Luft liegt, eine leise Sehnsucht und eine gelassene Heiterkeit, die nicht ohne melancholische Untertöne auskommt.

All das klingt in ihren eigenwilligen Versionen bekannter Lieder mit, die sie gemeinsam mit ihren beiden Partnern Andreas Schmidt (Piano) und Paul Kleber (Bass) nicht einfach covert, sondern die sie aufbricht und in neue Klangfarben taucht, die sie in etwas Neues verwandelt. Eingangs machen die drei aus James Browns schweißtreibender Dampfhammer-Soul-Nummer "I got you (I feel good)" ein abgeklärt elegantes Liebeslied, in dem Bass und Piano dezent die verletzliche und introvertierte Stimme umspielen.

Lisa Bassenge scheint ihre Kindheit geplündert zu haben: Die Songs, die sie unter dem schlichten Titel THREE präsentiert, vermitteln soviel kindlichen Charme und soviel ansteckend gute Laune, dass die Vermutung nahe liegt, hier seien ihre Lieblingslieder aus vergangenen Zeiten versammelt. Ein Sammelsurium aus Kinderliedern, Pop-Melodien und Jazz-Standards.

Da steht das amerikanische Kinderlied IF I COULD SEE THE WORLD THROUGH THE EYES OF A CHILD (Patsy Cline) neben Coles Porters EVERYTHING I LOVE (mit einem swingenden Kai Bussenius an den Drums) und Elvis Presleys LOVE ME TENDER. Andreas Schmidt als Arrangeur und Komponist entkitscht Presleys süße Schnulze, indem er sie mit einem Streichtrio aus Violine, Viola, Cello (The Stereo Strings) kombiniert, das die Melodie in eine kühle Elegie verwandelt. Das geschieht genauso unangestrengt und überraschend wie die Erweiterung des englischsprachigen Liederkranzes um innigste Töne aus deutschen Stuben.

Ausgerechnet zwei Wiegenlieder, WEISST DU WIEVIEL STERNLEIN STEHEN und das Lied des Ostsandmanns (SANDMANN, LIEBER SANDMANN) werden hier nicht etwa veralbert, sondern geradezu gerettet, indem ihr sentimentaler Kern mit einem Streich- bzw. Bläsertrio (Marsyas-Trio: Altflöte, Englisch-Horn, Bassclarinette) moderat-modern ummantelt und gegen falsche Töne immunisiert wird.

Wie pfiffig und verspielt diese deutschen Anteile verstanden sein wollen, zeigt der Gute-Laune-Klassiker WIR MACHEN MUSIK, deren erste Strophen die 84-jährige Ilse Werner singt - einschließlich ihres obligatorischen Pfeifsolos -, bevor Lisa Bassenge sie mit einer dritten Strophe ablöst. Das Lisa Bassenge Trio bekennt sich mit diesem Album zur Musik als Trost spendendes Feel Good Medium, ohne dabei flach zu werden.

Neben Songs, die Marilyn Monroe, Frank Sinatra oder Annie Lennox gesungen haben, stehen eigene Kompositionen des Trios, kurze poetische Zwischenspiele mit Sprechgesang, Stimmungsbilder und kleine Lieder, die die Liebe zum Blues zeigen und zu leisen, zarten Melodien. Diese Musiker (und ihre Gäste, darunter der Gitarrist Christian Kögel und Sebastian Studnitzky, Trompete) vermeiden alles Pompöse.

Die Eigenkompositionen wirken in ihrem fragmentarischen Charakter wie höfliche Versuchsanordnungen zwischen den Sternen der großen Stars, die das Bassenge-Trio dadurch zum Funkeln bringt, dass es den eigenen musikalischen Stil jederzeit durchscheinen lässt. Das Cover auf dem dritte Album dieses Trios zeigt eine Berliner Pflaster-Stein-Straße längs einer S-Bahn-Linie, da rennen zwei leger-elegant gekleidete junge Männer neben Lisa Bassenge her, die eine Vespa fährt, alles in Brauntönen, alles Vergangenheit? Die Sängerin hat ihr schönstes Lächeln aufgesetzt. THREE ist eine kleine (Gute-)Nachtmusik, beschwingt, heiter und voller Wehmut.

© Hans Happel, 29. August 2004

 


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