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Klassik trifft Pop,
Musical und Weltmusik


Es ist wohl eine eine der schönsten Balladen der Pop-Geschichte: "Bright Eyes", der Titel, mit dem Art Garfunkel sich von seinem Partner Paul Simon emanzipierte und seine Solo-Karriere einläutete. Umso irritierender ist es aber, wenn Mike Batt seine Best-of-Compilation "A songwriter's tale" nicht mit Garfunkels Version eröffnet, sondern "Bright Eyes" selber singt. Auch wenn das Recht auf seiner Seite ist - Batt ist sowohl Komponist als auch Texter -, seine Version also das Original ist: Zu untrennbar sind Melodie und Garfunkels zarter Schmelz miteinander verbunden, als dass man sich hier an Mike Batts Stimme gewöhnen möchte. Ein ähnliches Problem trieb auch schon Prince um, auf dessen Konto das ähnlich erfolgreiche "Nothing compares 2 U" geht - in der von Sinéad O'Connor gesungenen Fassung.

Doch dieses eine Mal will Mike Batt selbst im Rampenlicht stehen - und die Ehre sei ihm gegönnt. Denn unter all den Pop-Komponisten der letzten drei Jahrzehnte ist sein Gesicht noch immer nahezu unbekannt, weil er meist bescheiden im Hintergrund bleibt, während seine Lieder weltweit zum Allgemeingut gehören - siehe "Bright Eyes". Oder Katie Melua: Der grandiose Erfolg ihres Albums "Piece by Piece" geht zu großen Teilen auf Mike Batts Konto; allen voran der Hit "Nine million bicycles". Wenigstens in Deutschland kennt man übrigens auch eine andere Melodie aus Batts Kompositionen-Schmiede: Er schrieb die Titelmelodie von "Wetten dass".

"A songwriter's tale" stellt jedoch den Sänger Mike Batt in den Vordergrund, und trotz der anfänglichen Irritation weiß man schnell, dass man diese Stimme durchaus kennt: Spätestens bei "Lady of the dawn" fällt der Groschen, und spätestens dann ist auch klar, welche Ausnahmeerscheinung Mike Batt tatsächlich ist, und wie viele große Kompositionen auf sein Konto gehen.

Mike Batt hat vierzehn der sechzehn Albumtitel für "A songwriter's tale", darunter "Lady of the Dawn", "I feel like Buddy Holly" und das das instrumentale Thema seiner Filmmusik zu "Caravans" (mit dem Royal Philharmonic Orchestra) neu eingespielt und sich dabei um behutsame Modernisierungen der ursprünglichen Arrangements bemüht. Batt: "Durch die kleinen Abweichungen (entfaltet) sich etwas durchgehend Neues. Durch den Schwerpunkt des Klaviers (bei "Buddy Holly") wird es sehr viel intimer als die 1980er Synthesizer-Version, während bei 'Love makes you crazy' der Synth-Sound wiederum ein Teil der Zukunft ist."

Man mag seinen weichen, allzu harmonischen und eingängigen Liedern mit ihren oft ausladenden, von ihm selbst orchestrierten Arrangements, immer wieder als Kitsch abtun - vielleicht wird man den wahren Wert seiner Arbeit erst in der Rückschau gerecht beurteilen, ihn dann aber zweifellos in eine Reihe mit Elton John, ABBA und Andrew Lloyd Webber stellen (Für Webber arrangierte Batt übrigens einst die Musik zum "Phantom der Oper").

Dann wird man vielleicht auch das Album neu entdecken, mit dem seine Karriere in den 70er Jahren begann: "Shizophonia", das bereits alle Zutaten seines besonderen Cocktails enthält: Pop und Musical, Klassik und Weltmusik - nirgendwo so verdichtet wie in dem legendären Titel, mit dem er auch sein "Songwriter's Tale" beschließt: das symphonische "Ride to Agadir" mit seinen verschwenderischen Arrangements (andere als Mike Batt hätten um das Grundmuster ein Abend füllendes Musical gestrickt) und seinen ungemein komplexen Chorsätzen. Die hat er übrigens schon immer selbst gesungen, und zwar allein - und dafür "verzeiht" man ihm dann auch "Bright Eyes".

© Michael Frost, 09.02.2008

 


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