Definiert
man den "Punk-Rock" nicht mehr über gebrochene Nasen,
Nietenhalsbänder und Schäferhunde, so könnte das Jahr
2004 zu einem richtig guten für die schon so oft für tot
erklärte Stilrichtung werden. Nicht nur Dover mit ihrem grundsoliden
"The Flame" und "The Distillers" mit ihrem grandiosen
Durchbruch "Coral Fang", nein, jetzt wird der Punk auch
von den "Beatsteaks" aus Berlin gerettet. "Smack Smash"
rockt durch und durch und liefert einen Ohrwurm nach dem nächsten
ab. Vielleicht das beste Punk-Album seit Bad Religions "The Process
Of Belief". Auch wenn hier nicht mehr allzu viel nach dem riecht,
was im letzten Jahrhundert so unter dem Begriff "Punk-Rock"
definiert wurde.
Live
eingespielt - die Beatsteaks sind als begeisternde Live-Band nicht
nur deutschlandweit bekannt - überrascht das Album mit einer
Reihe von Finessen, die man dieser Band eigentlich nach ihrem eher
schwachen "Living Targets", das sich nicht zwischen Stadion-Rock
und Erwachsenen-Punk entscheiden konnte, nicht mehr zugetraut hätte.
Zunächst einmal rockt "Smack Smash" so wie lange nichts
mehr. "Big Attack" und "Vision" klingen nach klassischem
Punk-Rock, wären da nicht diese fiesen, staubtrockenen Rock-Riffs,
die entfernt an einschlägige Kapellen wie die Foo Fighters erinnern.
Oder "Loyal To None", das wie ein wutentbrannter Tobsuchtsanfall
klingen würde, wäre da nicht noch in diesen 77 Sekunden
ein Mit-Gröl-Refrain versteckt. Wunderbar auch "My revelation",
der wohl einige Die-Hard-Beatsteaks-Fans versöhnen wird mit einer
klassischen Punk-Rock-Nummer. Doch zwischen diesem Abschluss und dem
rotzigen Opener verstecken sich weiterhin unbestreitbare Pop-Perlen
mit einwandfreien Melodien, von denen man nie genug bekommen kann.
Der
aneckende Überbau bleibt aber stets erhalten, und so verliert
"Smack Smash" nie die Übersicht, sondern liefert trotz
aller Stilrichtungen stets ein eindeutiges Bild, das nur eines ist:
Beatsteaks. Zu diesem Bild trägt einmal der unnachahmliche Sänger
Arnim Teutoburg-Weiß bei, der allen Liedern diesen ganz speziellen
Beatsteaks-Touch zu verschaffen weiß. Sehr schön nachzuhören
zum Beispiel in "Hello Joe", das dem im vergangenen Jahr
verstorbenen The Clash-Kopf Joe Strummer gewidmet ist. Hier wird ganz
bewusst von "London Calling", dem unvergessenen Clash-Klassiker
geklaut und es gelingt - auch wenn es vielleicht etwas bemüht
erscheint - dem großen Idol der Punk-Ära gerecht zu werden.
Ein unbestreitbares Highlight ist auch "I don't care as you sing",
das hier und da ein bisschen in The Clash-Gefilden wildert, aber vor
allem durch die geniale Background-Gitarre beim Refrain gewinnt. Ähnliches
gilt auch für "Everything", diesen überaus melodischen
Punk-Pop-Bolzen und die erste Single "Hand in Hand", die
ohne Umschweife direkt funktioniert, besonders der Refrain ist einfach
nur packend und springt den Hörer förmlich an.
Mit
"Smack Smash" gelingt es den Berlinern auf 32 Minuten ein
Rock-Feuerwerk abzubrennen, das man immer wieder erleben möchte.
Es enthält keinen einzigen Ausfall, auch wenn es seine Halbwertzeit
erst noch beweisen muss. Jetzt im Moment jedenfalls ist es ein sehr
gutes Album, das man sich unbedingt zulegen sollte, wenn man nur ansatzweise
Begeisterung für schnelle, melodische und für allem laute
Musik aufbringen kann. Allen anderen sei das unvermeidliche Zitat
aus dem "die ärzte"-Hit "Unrockbar" an den
Kopf geworfen: "Wie kannst du bei den Beatsteaks ruhig sitzen
bleiben, wenn dir doch Schlagersänger Tränen in die Augen
treiben?"
"Beatsteaks:
Smack Smash"
ist ein Gast-Beitrag von Matthias Eisen.
© Matthias Eisen, März 2004
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