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Rockt durch
Gast-Beitrag von Matthias Eisen


Definiert man den "Punk-Rock" nicht mehr über gebrochene Nasen, Nietenhalsbänder und Schäferhunde, so könnte das Jahr 2004 zu einem richtig guten für die schon so oft für tot erklärte Stilrichtung werden. Nicht nur Dover mit ihrem grundsoliden "The Flame" und "The Distillers" mit ihrem grandiosen Durchbruch "Coral Fang", nein, jetzt wird der Punk auch von den "Beatsteaks" aus Berlin gerettet. "Smack Smash" rockt durch und durch und liefert einen Ohrwurm nach dem nächsten ab. Vielleicht das beste Punk-Album seit Bad Religions "The Process Of Belief". Auch wenn hier nicht mehr allzu viel nach dem riecht, was im letzten Jahrhundert so unter dem Begriff "Punk-Rock" definiert wurde.

Live eingespielt - die Beatsteaks sind als begeisternde Live-Band nicht nur deutschlandweit bekannt - überrascht das Album mit einer Reihe von Finessen, die man dieser Band eigentlich nach ihrem eher schwachen "Living Targets", das sich nicht zwischen Stadion-Rock und Erwachsenen-Punk entscheiden konnte, nicht mehr zugetraut hätte. Zunächst einmal rockt "Smack Smash" so wie lange nichts mehr. "Big Attack" und "Vision" klingen nach klassischem Punk-Rock, wären da nicht diese fiesen, staubtrockenen Rock-Riffs, die entfernt an einschlägige Kapellen wie die Foo Fighters erinnern. Oder "Loyal To None", das wie ein wutentbrannter Tobsuchtsanfall klingen würde, wäre da nicht noch in diesen 77 Sekunden ein Mit-Gröl-Refrain versteckt. Wunderbar auch "My revelation", der wohl einige Die-Hard-Beatsteaks-Fans versöhnen wird mit einer klassischen Punk-Rock-Nummer. Doch zwischen diesem Abschluss und dem rotzigen Opener verstecken sich weiterhin unbestreitbare Pop-Perlen mit einwandfreien Melodien, von denen man nie genug bekommen kann.

Der aneckende Überbau bleibt aber stets erhalten, und so verliert "Smack Smash" nie die Übersicht, sondern liefert trotz aller Stilrichtungen stets ein eindeutiges Bild, das nur eines ist: Beatsteaks. Zu diesem Bild trägt einmal der unnachahmliche Sänger Arnim Teutoburg-Weiß bei, der allen Liedern diesen ganz speziellen Beatsteaks-Touch zu verschaffen weiß. Sehr schön nachzuhören zum Beispiel in "Hello Joe", das dem im vergangenen Jahr verstorbenen The Clash-Kopf Joe Strummer gewidmet ist. Hier wird ganz bewusst von "London Calling", dem unvergessenen Clash-Klassiker geklaut und es gelingt - auch wenn es vielleicht etwas bemüht erscheint - dem großen Idol der Punk-Ära gerecht zu werden. Ein unbestreitbares Highlight ist auch "I don't care as you sing", das hier und da ein bisschen in The Clash-Gefilden wildert, aber vor allem durch die geniale Background-Gitarre beim Refrain gewinnt. Ähnliches gilt auch für "Everything", diesen überaus melodischen Punk-Pop-Bolzen und die erste Single "Hand in Hand", die ohne Umschweife direkt funktioniert, besonders der Refrain ist einfach nur packend und springt den Hörer förmlich an.

Mit "Smack Smash" gelingt es den Berlinern auf 32 Minuten ein Rock-Feuerwerk abzubrennen, das man immer wieder erleben möchte. Es enthält keinen einzigen Ausfall, auch wenn es seine Halbwertzeit erst noch beweisen muss. Jetzt im Moment jedenfalls ist es ein sehr gutes Album, das man sich unbedingt zulegen sollte, wenn man nur ansatzweise Begeisterung für schnelle, melodische und für allem laute Musik aufbringen kann. Allen anderen sei das unvermeidliche Zitat aus dem "die ärzte"-Hit "Unrockbar" an den Kopf geworfen: "Wie kannst du bei den Beatsteaks ruhig sitzen bleiben, wenn dir doch Schlagersänger Tränen in die Augen treiben?"

"Beatsteaks: Smack Smash"
ist ein Gast-Beitrag von Matthias Eisen.
© Matthias Eisen, März 2004


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