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Die Aura einer Kultband


Den Status einer "Kult"-Band können nur die wenigsten Gruppen für sich verbuchen. Belle and Sebastian (benannt nach dem gleichnamigen Kinderbuch aus Frankreich) sind auf dem besten Wege, sich diesen Status zu erobern, obwohl: eigentlich sind die Schotten weder sonderlich laut, auffällig oder spektakulär.

Ihre Aura ist im Gegenteil eher verhalten, etwas schüchtern oder unauffällig. Interviews geben sie nur im Notfall, ihre Plattencover zieren alle möglichen Freunde und Bekannten, aber nur selten die Bandmitglieder selbst. So entzieht man sich einerseits den Erfordernissen des Musikbusiness', doch man kann es auch anders sehen: gerade diese Verweigerungshaltung führt zu erhöhter Nachfrage und nicht nachlassendem Interesse.

Die Neugier versiegt auch vor der Veröffentlichung des neuen Albums "The Life Pursuit" nicht, und dafür haben sich Belle and Sebastian erneut eine besondere Überraschung einfallen lassen: Sie ließen es von Tony Hoffer (Beck, Air) in den USA produzieren, und der stellte die Weichen für einen renovierten Bandsound.

Galten Belle and Sebastian nämlich bislang als Spezialisten für spontanen, sympathischen und leichten bis leicht-melancholischen Folkpop, so wird auf "The Life Pursuit" das Tempo deutlich angezogen, die typischen Bandmerkmale (luftiger Gesang, Akustikgitarre, Trompete) werden um E-Gitarren und digitale Samples ergänzt.

Großblumiger Retrosound mit Ursprung in den späten 60ern, wie geschaffen für ein verschlafenes Wochenende oder zu fortgeschrittener Stunde, trifft auf den luftigen Elektrosound von Air. Späte Erweckungserlebnisse nicht ausgeschlossen: "The Blues are still blue" etwa, ein beschwingter Popsong im 70er-Style, fast ein wenig zu glamourös für die früher bewusst schlicht gehaltenen Arrangements.

Weil ihre Musik so untypisch ist, scheinbar zwischen allen Genrestühlen agiert, sich aktuellen Strömungen verweigert, zudem ohne den wirklich großen Hit funktioniert, bewahren Belle and Sebastian ihre besondere Aura auch mit ihrem neuen Album. Als unverwechselbares Phänomen in der Popwelt kommen sie dem Status der Kultband somit tatsächlich immer näher.

© Michael Frost, 23.02.2006

 


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