Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

Mit dem Cabrio auf Überlandfahrt


Kaum eine Band wird derzeit so sehr mit Lobeshymnen überschüttet wie Belle & Sebastian. Auf ihrer im Sommer 2000 erschienenen CD „Fold your hands child you walk like a peasant“ prangt ein Werbe-Aufkleber mit der Aussage des Rolling Stone Magazins, wonach Belle & Sebastian„die beste Band Britanniens“ sei.

Eine solche Kategorisierung ist natürlich völlig lächerlich, weil letztlich jeder Hörer und jede Hörerin selbst entscheiden sollte, wer für ihn bzw. sie gerade die beste Band von irgendwo ist. Aber Belle & Sebastian werden von der Musikpresse auf Händen getragen, was sie hauptsächlich ihrem 96/97er Album "Tigermilk" verdanken. 

"Tigermilk" wurde ein Jahr nach der Band-Gründung (die der Legende bzw. dem Booklet nach aufgrund eines Aushangs im Supermarkt stattfand) veröffentlicht, zunächst nur auf Vinyl, erst später entstand eine neu abgemischte Version auf CD. 

Für Belle & Sebastian, übrigens kein Duo, sondern eine Combo von einem halben Dutzend Mitglieder, scheint den ganzen Tag die Sonne, glaubt man ihrer Musik. Ihre fast ausschließlich mit akustischen Instrumenten eingespielte Musik ist im besten Sinne zeitlos und trotzdem neu und frisch.

Manchmal meint man, Cat Stevens’ „Tea for the Tillerman“ wiederzuerkennen, manchmal klingt sie nach Milch-Shake, nach Straßencafé und der ersten Überlandfahrt mit dem Cabrio im Frühjahr. Alles an Belle & Sebastian ist unkonventionell und, im Gegensatz zu ihrer offenen Musik, ein wenig geheimnisvoll. Man erfährt zum Beispiel zwar die Namen der Bandmitglieder, nicht aber, wer die Texte schreibt, sie singt oder wer welche Instrumente spielt. 

Vielleicht ist es gerade dieser laxe Umgang mit den Gesetzen der Popmusik, der die Fachwelt begeistert. Wo immer neue Genres begründet oder erfunden werden, fast wöchentlich ein neuer Trend den Markt überrollt und immer schnelllebiger werden lässt, da freut man sich offenkundig umso mehr über jede gegenläufige Bewegung. 

Ob Belle & Sebastian allein durch diesen Umstand das Prädikat „Beste Band Britanniens“ verdienen, bleibt dahin gestellt, ist aber im Grunde völlig unwichtig. Deutlich wird in jedem Fall der Zustand einer Branche, die, nachdem sie das Schneller-Höher-Weiter der post-industriellen Gesellschaft erst auf die Musikwelt übertragen hat, nun dem eigenen Tempo nicht mehr standhält und sich, so paradox es ist, über jeden freut, der sich den selbst entworfenen Regeln widersetzt.

MF / 23. September 2000

Tipps zu ähnlichen CDs und Bands:

Kings of Convenience, Tahiti 80