Ihre
Musik hat eine Botschaft: das biyuya ensemble schlägt
einen politischen Ton an, die Sängerin Vera Westera und
fünf Instrumentalisten knüpfen zwar nicht an die
politischen Lieder der 60-er Jahre an, auch nicht an die klassischen
Antikriegslieder der Friedensbewegung, aber sie machen Musik
gegen den Krieg, besser: zur Erinnerung an die Opfer eines
Krieges, der vor wenigen Jahren mitten in Europa ausgebrochen
war.
Breakdown.yu
heißt das Album und die Musik des Komponisten, Texters
und Gitarristen Bojan Vuletic ist ein Requiem, ein Trauergesang
auf die Toten, die "Displaced persons", die Flüchtlinge
des Krieges im ehemaligen Jugoslawien.
Breakdown.yu
- das sind herzzerreißend melancholische Töne in
ungewöhnlichen Klangfarben. Die sechs Musiker, allesamt
klassisch ausgebildet, haben sich am Konservatorium im niederländischen
Arnheim kennengelernt. Sie betonen - im Presse-Info -, dass
es nicht ihr Ziel sei, die Opfer "auf eine geschmacklose
Art" zu instrumentalisieren, und diesen Eindruck weckt
ihre Musik in keinem Fall.
Im
Gegenteil: Sehr leise, sehr intim ist dieser Trauergesang,
in dem Geige (Marie Loesche), Bratsche (Friedmar Hitzer),
Akkordeon (Bart Lelivelt), Kontrabass (Dion Nijland), sowie
die Jazz-Gitarre des Komponisten gemeinsam mit der warmen
und klaren Stimme Vera Westeras ein feinfühlig filigranes
Klangnetz erzeugen, in dem Weltmusik, Tango-Flair a la Piazzola,
die minimalistische Kammermusik eines Philipp Glass und puristischer
Sprechgesang zu einer Musik von geradezu schmerzhafter Schönheit
fusionieren.
Leider
hat die Gruppe es versäumt, die englischen Texte der
10 Songs oder Stücke im Booklet abzudrucken, was ihrem
eigenen Anspruch entgegengekommen wäre.
Dennoch läßt sich heraushören, dass hier die
Geschichte eines Krieges in Momentaufnahmen erzählt wird,
zum Beispiel in "sniper avenue", in dem vom täglichen,
lebensgefährlichen Überqueren einer großen
Straße die Rede ist, die von Heckenschützen unter
Beschuß genommen wird.
Es
ist eine größtenteils streng durchkomponierte Musik,
dicht gewebt, ihre kleinen, zum Teil folkloristischen Melodiepartikel,
ihre gelegentlich schroffen Akzente und Ausbrüche, strukturieren
den Erzählduktus des Gesangs.
Breakdown.yu lebt in weiten Teilen von dem Kontrast zwischen
lyrischem Wohlklang und Aussage, lebt von der außerordentlichen
Wärme dieser Stimme, die von einer humanen Katastrophe
singt, während ihr Tonfall zugleich von etwas ganz anderem
kündigt, von einem Aufgehoben-Sein, das die Geschichte
und die Geschichten, die hier verhandelt werden, negieren
möchte: "Its a vacuum inside of me" heißt
es in einem der Stücke, und hörbar ist, was diesem
Vakuum entgegengesetzt wird: Die Schönheit, die hier
zum Trost und zum Prinzip Hoffnung wird.
Die Musiker sind allesamt Virtuosen auf ihren Instrumenten,
alle haben vielfältige Erfahrungen mit zeitgenössischer
Kammermusik, mit Bühne und Theater, und der Komponist
hat diese Vielfältigkeit in die Musik einfliessen lassen,
ohne eklektizistisch zu werden. breakdown.yu ist trotz aller
Anspielungen kein Zitaten-Kompendium, sondern eine eigenständige
Komposition, die das Mitgefühl und Mitleiden ohne jede
Süßlichkeit zum Thema macht. Das ist ein Wagnis,
aber die Schlichtheit, mit der diese Musiker sich ihm widmen,
überzeugt.