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Das Lob wird
zum Problem

Der ausgezeichnete Ruf der schwedischen Musikszene hat sich herumgesprochen. Er reicht inzwischen bis nach Australien. Dort lebt Sarah Blasko, Songwriterin aus Sydney, die sich insbesondere von dem Stockholmer Björn Yttling begeistert zeigte. Yttling ist der 'Bjorn' des gefeierten Indie-Trios "Peter, Bjorn and John". Als Produzent gehen Alben von Nicolai Dunger und Robyn auf sein Konto, das Debüt von Lykke Li und "Leaving on a mayday", das jüngste Album von Anna Ternheim.

Sarah Blasko, deren vorige Alben ausschließlich in Australien erschienen waren, schickte Björn Yttling eine eMail und einige Demos für das geplante dritte Album - und fand sich unversehens im Stockholmer Atlantis Studio wieder, umgeben von einem Haufen ihr völlig unbekannter Musiker. "Das war ein wenig einschüchternd", sagt sie, "aber auch sehr erfrischend". Die Vorstellung, dass ein Album ein Abenteuer sei, gefalle ihr: "Weit weg von Zuhause ist man offener für neue Ideen."

"As day follows night" ist nun das erste Album von Sarah Blasko, das auch in Europa erscheint. Fans des Singer/Songwriter-Genres werden die junge Australierin lieben, ihren unverfälschten, pathosfreien Gesang, die geradlinigen, niemals übertrieben verspielten Arrangements, die Björn Yttling mit ihr produzierte, die gänzlich unaufgeregte Stimmung des gesamten Albums. Doch was Anlass zu höchstem Lob gibt, wird an dieser Stelle zum Problem.

Denn Sarah Blasko, die hierzulande bislang ein komplett unbeschriebenes Blatt ist, gerät immer wieder auf Kollisionskurs zu ungleich bekannteren Kolleginnen. Die Nähe zum Werk von Anna Ternheim ist unverkennbar. Die überraschende Dominanz des Schlagzeugs auf "Leaving on a mayday", die viele Fans und Kritiker irritierte, weil sie im scharfen Kontrast zur Ruhe der Melodie und des Gesangs stand, setzt Yttling über weite Strecken auch auf diesem Album fort, u.a. bei "All I want", einem der besonders eindringlichen Songs.

Videolink: Sarah Blasko "All I want" / youtube
 

Erst wenn es leiser wird und der Fokus allein auf dem Gesang liegt, lenkt nichts mehr davon ab, dass Sarah Blasko in Stimmführung und Songatmosphäre frappierende Ähnlichkeit mit einer anderen Nordländerin hat: Emiliana Torrini. Manchmal ist die Ähnlichkeit so stark ("Is my baby yours?"), dass es nicht einfach ist, sie überhaupt auseinander zu halten.

Die offenbar bewusst gesuchte Nähe könnte sich nachfolgend als Problem herausstellen, weil das zweifellos große Potential von Sarah Blasko immer wieder überlagert wird - und man ihre Eigenständigkeit nicht erkennt. Dass "As day follows night" in Australien gleich dreimal für den "ARIA Award" (das Pendant zum Grammy) nominiert wurde (Blasko erhielt die Auszeichnung schließlich in der Kategorie "Künstlerin des Jahres) spricht für ihre Qualitäten - wenn die genannten Kolleginnen nicht ständig als Äquivalent dagegen stehen.

Einerseits aus Sorge, ihr mit der Aussage nicht wirklich gerecht zu werden, dass wir uns mit "As day follows night" die Wartezeit bis zum nächsten Album wahlweise von Anna Ternheim, Sophie Zelmani, Lykke Li oder Emiliana Torrini verkürzen, andererseits aus ehrlicher Begeisterung über Songperlen wie "Lost & Defeated" oder "Over & Over", das in ein Zitat des Talking Heads-Hits "Road to nowhere mündet (erst beim wiederholten Hören versteht man, wie raffiniert der gesamte Song auf diesen Moment hinarbeitet), freuen wir uns einfach auf das nächste Album von Sarah Blasko und wünschen ihr, dass sie selbst oder ein anderer in der Lage sein wird, ihre eigene künstlerische Identität hervorzuheben.

 

© Michael Frost, 09.05.2010


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