Manchmal
brauchen unbekannte Musiker etwas länger, um auf sich
aufmerksam zu machen und das Kai Bussenius Trio hat mit ihrem
schon im Juli erschienenen Debüt-Album THIS TOWN alle
Aufmerksamkeit verdient. THIS TOWN - das schwarz-weiße
Coverfoto zeigt es an -, ist natürlich New York.
Sich
mit der eigenen Musik auf die Wiege des Jazz zu berufen, ist
so unverfroren wie mutig, aber in diesem Fall kein Spiel mit
Falschgeld. Denn was der Drummer und Bandgründer Kai
Bussenius, der Bassist Lucas Lindholm und der Pianist Michael
Wollny hören lassen, ist ein derart charmantes, von Witz
und eleganter Leichtigkeit beflügeltes Spiel, dass der
Anspruch der Gruppe, sich in der Tradition großer Jazz-Trios
zu bewegen, seine Anmaßung verliert.
Michael
Wollny, der jüngste im Bunde, hat im Bundesjugendjazzorchester
(unter der Leitung von Peter Herbolzheimer) angefangen, er
spielte bereits mit Clark Terry, Bob Brookmeyer und dem hr-Jazzensemble
zusammen. Altmeister Lucas Lindholm, Professor an der Hamburger
Musikhochschule, hat als Bassist der NDR-Bigband schon mit
allen Größen des Jazz gespielt.
Kai
Bussenius, ebenfalls viele Jahre Mitglied im Bundesjugendjazzorchester,
hat zuletzt als Drummer das Lisa-Bassenge-Trio begleitet.
Von ihm ist das Titelstück des Albums, das der Stadt
gewidmet ist, in dem der 28-jährige Musiker zur Zeit
als Stipendiat lebt.
THIS
TOWN ist eine elegische Liebeserklärung an die Stadt,
die mit einer Wunde und einem Schmerz leben muß, den
Bussenius im melancholischen Tonfall seines einfach gehaltenen
und anrührenden Songs diskret andeutet. Michael Wollnys
lyrisches Pianospiel erinnert tatsächlich an Bill Evans,
dessen große Kunst, alles Unnütze auszulassen,
hier hörbar Pate steht.
Mit
geradezu verblüffender Souveränität servieren
die Musiker darüber hinaus Standards aus dem Great American
Songbook. ON GREEN DOLPHIN STREET, mit starkem, drängendem
Schlagzeugeinsatz und schnellem Walking Bass, lebt von einem
Pianospiel, das nie ins Vordergründig-Heftige ausschert,
sondern noch in den swingenden Partien zurückgenommen
bleibt, auch dort, wo die unbändige Lust am Ausmalen
zwischen den Zeilen hörbar wird. Das Stück klingt
im Pianissimo aus, bis nur noch leise Schläge des Drummers
übrig bleiben.
Überragend
ist das Ensemblespiel dieses Trios. Die Musiker hören
sehr genau aufeinander, und mit ihren Soli, die niemals konventionell
aufgereiht werden, spielen sie sich nicht in den Vordergrund.
Im Mittelpunkt befindet sich jederzeit die Musik aus New York.
Die Melodie des Klassikers LOVER MAN - vom Piano eröffnet
- wird vom Bass - fein verfremdet - aufgegriffen, während
der Drummer vorsichtig mit dem Besen pinselt und dazwischen
sacht pointierend Akzente setzt.
Die
drei Jungs aus zwei Generationen entwickeln in ihrem stets
wohl vernetzten Spiel gerade bei diesem Hit eine ungeheure
Lockerheit, sie spielen so entspannt, als würden sie
zeitweise überhaupt nur für sich selber spielen,
bis das Piano mit einem leisen Schluß das entspannte
Dahingleiten zügelt und noch einmal - in aller Zärtlichkeit
- die Melodie dieses unsterblichen Songs zurückruft.
Danach - kräftig, fast ruppig - Thelonious Monks STRAIGHT
NO CHASER und zum Ausklang MY ROMANCE von Rogers und Hart.
Die
CD THIS TOWN, das ist 7-mal New York, cool und sentimental,
locker parlierend und heftig swingend, und dennoch in einer
eigenen Diktion. Nein, hier sind keine Epigonen am Werk, sondern
Erfinder, die an die große Tradition des Trio-Spiels
auf eine Art und Weise anzuknüpfen, dass die alten Meister
sich nicht schämen müssen, und die Jungen auch ihre
eigenen Wege gehen können. Das Kai Bussenius Trio ist
eine Entdeckung.
©
Hans Happel, 01. November 2004