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Zu schön,
um wahr zu sein


"Ich nehme immer das besser klingende Wort, auch wenn rein inhaltlich ein anderes besser passen würde", sagt Cristin Claas, und diese Beschreibung ihrer selbst entwickelten, lautmalerischen Kunstsprache passt insgesamt recht gut als Motto für ihre Vorgehensweise bei "Paperskin".

Der passende, harmonische Klang steht immer im Vordergrund. Cristin Claas erzeugt ihn mit zarter Mädchenstimme, Christoph Reuter (Tasten) und Stephan Bormann (Gitarren) sind ihre zurückhaltenden Begleiter, die mit ihrem fast schüchternen Spiel die stille Melancholie der Lieder unterstreichen.

Obgleich sie ein Trio bilden, ziert Cristin Claas allein das Cover von "Paperskin", und nur ihr Name steht auf dem Titel. Schon durch diese Entscheidung wird deutlich gemacht, dass man nicht in der Jazz-Schublade verschwinden möchte - von Kritikern gelobt, vom breiten Publikum jedoch unentdeckt. Auch musikalisch setzt Cristin Claas eher auf Singer/Songwriter-Pop, dem sie schließlich nur noch einzelne Elemente aus Jazz ("Longing for poetry"), Ballade ("Awake"), Latin ("Le du song"), Folk ("Smart fish"), Blues ("Companion") und orientalischem Sound ("Hüzün") beimischt.

Das alles klingt insgesamt oft ein bisschen zu schön um wahr zu sein, die unterschiedlichen Klangfarben zu konstruiert, um echter Ausdruck zu sein, der glockenklare Gesang zu gleichförmig, um dauerhaft unter die Haut zu gehen, zu sehr der perfekten Harmonie verpflichtet, um im Ohr zu bleiben - ein wenig nach l'art pour l'art.

Interessanterweise sind es dann die beiden deutschsprachigen Songs am Ende des Albums ("Lass mich sinken" und "Wo gehst du hin"), die den stärksten Eindruck hinterlassen. Denn hier gelingt sie plötzlich: die Einheit aus Melodie und Text, Instrumentierung und Gesang, hier wirkt Cristin Claas besonders sicher und ausdrucksstark, hier erreicht sie eine atmosphärische Tiefe, die man während der vorigen Stücke vermisste.

Manchmal ist es also vielleicht doch besser, sich für den Inhalt zu entscheiden, selbst wenn gerade die oft als hart empfundene deutsche Sprache im Widerspruch zur Sanftheit der Musik zu stehen scheint: Der Reiz entsteht manchmal gerade durch die Gegensätzlichkeit.

© Michael Frost, 17.05.2008

 


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