Ja, 
                    er kann es noch - guten, echten Blues spielen, mit lässig 
                    hingeworfenen Soli auf der Gitarre und mit Begleitmusikern, 
                    die ihm nicht nachstehen. Der siebeneinhalb minütige 
                    Blues-Titel "Have you ever loved a woman" gehört 
                    musikalisch zu den Höhepunkten einer Doppel-CD, auf der 
                    Eric Clapton Live-Mitschnitte seiner Tournee durch Japan und 
                    die USA im Jahr 2001 zusammengestellt hat. 
                  Wahrscheinlich 
                    hört man diese 19 Songs mit freundlichen Ohren, weil 
                    sie vom "elder rock statesman" (Pop-Lexikon) vorgetragen 
                    werden, der schon vor über 30 Jahren zum führenden 
                    Rockgitarristen gekürt wurde, Anfang der 90-er gar zum 
                    weltbesten Gitarristen, der zuletzt mit Preisen überhäuft 
                    wurde und sein Lebenswerk längst sorgfältig dokumentiert 
                    hat. 
                  Nein, 
                    er will nichts Neues bieten. Er spielt die alten Hits, die 
                    berühmten Clapton-Standards - von "Layla" bis 
                    "Tears in Heaven" - noch einmal rauf und runter, 
                    das ist natürlich gekonnt, und es kommt von jemandem, 
                    der sich wirklich nichts mehr beweisen muß, aber es 
                    klingt vielleicht gerade deshalb sehr routinert und die angenehme 
                    Lockerheit des abgeklärten Musikers verwandelt sich gelegentlich 
                    in Spannungslosigkeit. 
                  All 
                    diese Hits - ob "Badge" (gemeinsam mit George Harrison 
                    geschrieben) oder "Cocaine" oder "Change the 
                    world" - hat man schon besser gehört, hier wirkt 
                    die Zusammenstellung beliebig, auch weil sie hörbar aus 
                    unterschiedlichen Konzerten kommt, die musikalische Mixtur 
                    aus klassischem Rock, aus Reggae, Blues, R&B und Pop-Ballade 
                    klingt, als wäre eine Pathina wie eine Schutzschicht 
                    drübergelegt, als wäre das alles schon weit entfernt, 
                    so weit entfernt wie die Szene auf dem Titelblatt des CD-Booklets, 
                    auf dem ein wandernder Gitarrist on the road zu sehen ist 
                    und am Kreuzweg mitten in der Wüste hält ein Wagen: 
                    die Tür ist geöffnet, er kann einsteigen, um ins 
                    Land der grünen Berge und Täler zu gelangen. 
                  "One 
                    more Car, one more Rider" nennt Clapton diesen Mitschnitt 
                    aus Los Angeles´ Staples Center und aus Tokios Budokan-Halle. 
                    In einigen Songs spürt man deutlich, was damit gemeint 
                    sein kann: Als wollte Clapton noch mal aussteigen um allein 
                    loszuziehen, so spielt und singt er die erste Nummer "Key 
                    to the Highway" ohne Begleitung, einfach und stimmig, 
                    und wie gut er mit den Musikern zusammenspielen kann, zeigt 
                    er immer wieder in den instrumentalen Mittelstücken seiner 
                    ohrwürmigen Songs, in denen seine sanft rockigen Gitarrensoli 
                    im gelungenen Wechselspiel mit dem Keyboard die alte Kraft 
                    erreichen. 
                  Wunderbar 
                    groovend im exzellenten Miteinander kommt vor allem "Going 
                    down slow" daher. Unter den Musikern - neben dem langjährigen 
                    Mitstreiter Nathan East (Bass), neben Steve Gadd (Drums), 
                    Andy Fairweather Low (Guitar), ragen Greg Philliness und Billy 
                    Preston an Keyboards und Hammond-Orgel heraus. Die Soli auf 
                    der Hammond-Orgel gehören zu den farbigen Passagen der 
                    CD, auch hier ist "Have you ever loved a woman" 
                    ein Höhepunkt. 
                  Offensichtlich 
                    wollte Clapton den alten Songs kein neues Leben einhauchen, 
                    er sucht nicht - wie Bob Dylan - das Überraschende darin, 
                    er zeigt, dass es seine alten schmiegsamen Ohrwürmer 
                    noch gibt, er deutet aber auch an, dass die langfristige Haltbarkeit 
                    der Eigenkompositionen womöglich geringer ist als die 
                    authentische Kraft der alten Blues-Nummern.So 
                    geraten manche Songs, mit denen der Gitarrist einst Pop-Geschichte 
                    geschrieben hat, in die Kitsch-Zone, während daneben 
                    die kräftigen Stücke aus dem Mutterboden der Rockmusik 
                    noch immer lebendiger wirken. 
                  Vielleicht 
                    wollte Eric Clapton mit dieser Doppel-CD zuviel auf einmal: 
                    Zurück auf die Straße, allein mit der Gitarre, 
                    zugleich mit all seinen Songs im Gepäck, vielleicht wollte 
                    er alt und jung zugleich sein. 
                  Aber 
                    wer wird ihm das verübeln. "Over the rainbow" 
                    - so verabschiedet er sich hier, die sympathische, leicht 
                    brüchige Stimme im nostalgischen Wehmutsklang eines klassischen 
                    american dreamers.