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1x1 des Gitarrenpop
Gast-Beitrag von Stephan Stöckel


Es kommt nicht alle Tage vor, dass die Mathematik Künstler zu einem Albumtitel inspiriert: "X&Y" heißt das neue Werk der englischen Popband "Coldplay". Mit diesen beiden Buchstaben werden in der Mathematik die Unbekannten belegt, die nicht sofort greifbar sind. "Für uns symbolisiert der Titel all die offenen Fragen des Lebens, auf die es einfach keine Antworten gibt", wird Chris Martin im Info seiner Plattenfirma zitiert.

Ein Titel, der gut zu "Coldplay" passt, zählt doch die Gruppe seit Beginn ihrer Karriere zur Fraktion der Dichter und Denker, die sich feinsinnige Poesie und musikalische Kreativität gepaart mit sozialem Bewusstsein auf ihre künstlerischen Fahnen geschrieben haben.

Sänger und Frontmann Chris Martin outet sich auf dem neuesten Werk erneut als spiritueller Denker, Grübler und Zweifler, der an das Gute im Menschen glaubt, auch wenn die Realität oftmals anders aussieht. Er zählt sie auf die Befürchtungen, die ihn plagen, um dann am Ende des Songs "What If - was wäre wenn" dem Zuhörer eine Botschaft der Hoffnung mit auf seinen weiteren Lebensweg zu geben: "You know that darkness always turns into light - Dunkelheit kehrt sich immer zu Licht."

Zu einem einzigen großen Bekenntnis an die Liebe ist der Song "A Message" geworden, der mit seinem lieblichen Ton sofort bezirzt. Allein schon die erste Zeile spricht Bände: "My Song Is Love". Sollte es sich bei der Weise etwa um eine überschwängliche Liebeserklärung an seine Frau, die Schauspielerin Gwyneth Paltrow handeln angesichts der Leidenschaft, die aus jeder Zeile lugt?
"Fix You" mit seinem feierlichen Kirchenorgelsound und dem choralen Schluss ist einer der schönsten Pop-Gospelsongs seit Blurs "Tender". Auch hier ist die hoffnungsfrohe, spirituelle Botschaft nicht zu überhören, wenn Martin von den Lichtern singt, die einen nach Hause führen - "The lights that guide you home". Bemerkenswert auch der akustische Blues-Folk-Song "Til Kingdom Come", der ursprünglich für niemand geringerem als den verstorbenen Johnny Cash geschrieben war.

Die musikalischen Tangenten bei "Coldplay" haben sich nicht groß verschoben. Das Einmaleins des Gitarrenpop beherrschen sie noch immer aus dem FF, so wie auf ihren beiden vorherigen Top-Alben "Parachutes" und "A Rush Of Blood To The Head". Hie und da mal ein bisschen euphorischer und rockiger, ein paar Takte Kraftwerk ("Computerliebe") als Grundlage für den Song "Talk", der besagte Country-Song als Zugabe und ein bisschen Gospelfeeling - große Verschiebungen auf den X- und Y-Achsen haben sich nicht ergeben.

Obgleich "Coldplay" die Messlatte mit Klassikern wie "Everything's Not Lost" und "Yellow" enorm hoch gelegt haben, so enthält doch auch das neue Werk "X&Y" Songs, die sich hören lassen können. In einem dpa-Interview führte Gitarrist Johnny Buckland die gute Qualität des neuen Werks auf die zuweilen quälenden Momente im Schaffensprozess der Gruppe zurück: "Das Schlüsselwort, das letztendlich für uns zu einem Ergebnis geführt hat, mit dem alle mehr als zufrieden sind, heißt Spannung. Wir haben uns zu guter letzt buchstäblich im Studio eingesperrt, gemeinsam geredet, gestritten und getrunken. Langsam spürten wir alle wieder diese Spannung, die immer greifbar war, wenn wir wirklich gute Songs aufnahmen. Schätzungsweise liegt die in der Tatsache begründet, dass wir vier völlig unterschiedliche Typen sind, deren Pole bei intensiver Zusammenarbeit aufeinander prallen und großartige Songs zum Resultat haben." Stephan Stöckel.


"Coldplay: x&y" (Parlophone/EMI 311 2802)
ist ein Gast-Beitrag von Stephan Stöckel.
© Stephan Stöckel, Juli 2005
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