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Unruhestifter


Rau und ungeschliffen ist der erste Eindruck von Enik, erschreckend das Artwork seines Albums, das ihn inmitten einer Sammlung toter Tiertrophäen zeigt: Rehe, Wildschweine, Hühnerköpfe.

Zwar ahnt man bereits beim ersten Hören, dass sich unter den schrillen Tönen und der wilden Stimme irgendwo ein weicher Kern verbergen könnte, doch es braucht schon ein zweites, drittes und noch häufigeres Hören von "The Seasons in between", um dem Münchener auf die Spur zu kommen.

Denn lässt man das "Störfeuer" aus provokanten Fotos, digitalen Spielereien, wummernden Bässen, Mark und Bein durchdringenden Beats erstmal hinter sich, werden akustische Gitarre, detailverliebte Soundfrickelei, sogar Klavier und Cello offenbar. Allerdings: es gibt überhaupt keinen Grund, die lauten und schrägen Töne bei Enik zu umgehen. Sie sind nämlich die Elemente, die elektrisieren.

Musikfans vieler Genres dürften hier auf ihre Kosten kommen: Postrock, Pop, Songwriter, Electro - bei Enik strömt alles zusammen, ohne ineinander aufzugehen. Jeder Stil behält seinen individuellen Ausdruck und reibt sich am anderen, bis die Funken fliegen. So liegt über dem Album eine Atmosphäre der Unberechenbarkeit, des 'Nicht wissen was als nächstes kommt'. Enik gefällt sich in der Rolle des Unruhestifters, und sein Album ist die perfekte Entsprechung dieser selbst gewählten Rolle.

U.a. mit dem gefeierten Elektronica-Projekt Funkstörung sammelte Enik wertvolle Erfahrungen für sein bemerkenswertes Album-Debüt. Doch sein Repertoire reicht weiter: bishin zum New Orleans-Jazz in "Uncomfortably" oder dem Electro/Jazz-Crossover in "Smashing the glasses".

Die 'Mühe', sich dem aufwühlenden Gefühl der Verunsicherung auszusetzen und dieses Album Stück für Stück, Sound für Sound gewissermaßen zu erobern, ist eine lohnende Angelegenheit - und gleicht dem Diamanten. Auch der verbirgt sich bekanntlich unter einer rauen Oberfläche. Umso heller später sein Funkeln.

© Michael Frost, 25.02.2006

 


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