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Märchenhaftes Versprechen
von Hans Happel

 

"Ich möchte wie er sein", singt Torun Eriksen, sie sitzt im Flugzeug nach Moskau, sie gesteht niemals so weit geflogen zu sein, neben ihr schläft ein Pilot (off duty), sie fragt sich, was er schon alles gesehen hat, sie sehnt sich danach Menschen zu besuchen, die sie noch nicht kennt und sie in ihre Heimat einzuladen, in ihr „sweet Oslo“.

Torun Eriksen singt „I wanna see the world, I wanna take life as it comes.“ Ihre Songs sind zwischen Jazz und Folk angesiedelt, mit einer Prise American Country und Blues gewürzt und was sofort einnimmt, ist ihre aufregend unaufgeregte Stimme: Warm, leicht angeraut, filigran, aber nicht süß-zerbrechlich, von einer langen Gospelkarriere inspiriert und auf eine berührende Weise intim.

So erzählt die norwegische Singer-Songwriterin auf ihrem neuen Album „Passage“ kleine Geschichten von Menschen, die standhalten, die aufbrechen, die getröstet werden. Da geht es zum Beispiel um „Baby and her Babe“, um zwei, die sich brauchen „wie Wände, um stehen zu können, aber wie Wände reden sie nicht.“ Die einschmeichelnde Melodie geht ins Ohr.

Die Musiker an akustischer und elektrischer Gitarre (Kjetil Dalland, Kjetil Steensnaes), am Keyboard (David Wallumrod), an Percussion und Drums (Anders Engen) betten die Songs in einen bedächtig fließenden, lässig hingetupften, sympathisch reduzierten Sound, der ebenso wie Eriksons Stimme ganz stark an Joni Mitchell erinnert, der die späten 60-er Jahre wachruft, aber nie in Nostalgie umkippt: Denn die hier singt, ist eine junge Frau von heute, und was sie erzählt, sind Geschichten von heute, wie die von den billigen Halsketten, die alle verborgen unter ihren Blusen und Hemden tragen, die zwar niemand kaufen würde, die aber eine schüchterne kleine Hoffnung verkörpern.

Es ist jene „shy little hope“, von der alle 9 Songs dieses Albums sprechen. In ihnen liegt ein märchenhaftes Versprechen: dass es die fairy tales sein mögen, die Menschen aufrichten, die sie zum Weiterleben verführen, wie es im abschließenden Song „White Lies“ heißt: „We should all have a little white fairy tale lie.“

Für ihre Musik, die von Hoffnung spricht, ohne in Pathos und falsches Sentiment abzugleiten, entwickeln Torun Eriksen und ihre Sidemen eine emotionale Wärme, die dank der dezenten Arrangements ( Kjetil Dalland) jederzeit mit kühler Nüchternheit gepaart ist, ein gelungener Balance-Akt – mit einer Stimme, die unter die Haut geht. Schön, dass die Geschichten, die sie erzählt, im Booklet nachzulesen sind.

© Hans Happel, 28. August 2010


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