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So melodisch, lyrisch, zart und schön
von Hans Happel


Das norwegische Label rune grammofon ist bekannt für seinen Wagemut. Die experimentelle Musik, auf die es sich bisher konzentrierte, lebte vor allem vom verfremdenden Spiel mit den Ausschweifungen des späten 60-er Jahre Rock, deren wilde Gitarren-Gesänge durch alle elektronischen Verzerrungen hindurch wieder belebt wurden.

Das Espen Erikson Trio scheint beim ersten Hören gar nicht in diese Reihe hineinzupassen, denn hier bewegt sich ein klassisch inspirierter Pianist mit seinen Side-Men an Bass und Drums in den bewährten Klanggefilden, die das Jazz-Publikum den größeren Labels ECM und ACT zurechnet: Das Album „You Had Me At Goodbye“ klingt so melodisch, so lyrisch, zart und schön wie es die bekannten Meister der leisen Melancholie seit langem vormachen.

Espen Erikson, Bassmann Lars Tormod Jenset und Drummer Andreas Bye verbergen auch gar nicht, dass Tord Gustavsen oder Esbjörn Svensson ihre erklärten Vorbilder sind, dass die skandinavische Foklore, die norwegischen Wälder zu ihren Inspirationsquellen zählen, dass sie einfache Pop-Song-Muster sehr schätzen. Aber all das erklärt nicht die besondere Eigenart ihrer Musik:

Das Espen Erikson Trio verarbeitet die bekannten Elemente in einer Art und Weise, die aufhören lässt. Die drei Musiker reduzieren ihr Material aufs Äußerste, sie verknappen und verdichten, sie suchen nach einer Schlichtheit und Direktheit, die auch das Kennzeichen der ganz anders gearteten rune-grammofon-Musik, der ausufernd wilden Elektro-Soundsysteme, ist. In der Reduktion, in der Klarheit, mit der sie auf alles Dekorative im Zusammenspiel wie in den kurzen Soli verzichten, erreichen sie eine schmerzhafte Schönheit, eine Kraft, die dieses Debüt-Album auszeichnet.

Dass darin Anklänge an Bach und die Kunst der Kirchenmusik mitschwingen, dass mit Titeln wie „Anthem“ auf den anglikanischen Kirchengesang angespielt wird, ist nicht nur auf Erik Eriksens musikalischen Background zurückzuführen, - er ist gelernter Kirchenorganist -, es ist Ausdruck einer Musik, in der das Einfache mit einem leisen Pathos verbunden wird, das in seiner diskreten rhythmischen Akzentuierung niemals jene schwerelose Leichtigkeit verliert, die sich bei wiederholtem Hören des Albums mehr und mehr ins Ohr schleicht und schließlich dazu führt, dass man nach dem Ende der letzten Nummer sofort von vorne beginnen möchte, weil man sich nicht satt hören kann.

© Hans Happel, 24. Mai 2010


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