Man 
            mag sich entspannt zurücklehnen, denn: Sie kommen alle wieder, 
            die Heroen aus Jugendtagen. Kaum eine Band aus den 70ern und 80ern, 
            die in den letzten Jahren nicht die Gelegenheit des Comeback ergriffen 
            hätte. 
          "Die 
            brauchen wohl wieder Geld", lauten gelegentlich hämische 
            Kommentare angesichts der plötzlichen Wiederauferstehung vergangener 
            Größen der Popgeschichte, aber die Gehässigkeit läuft 
            ins Leere, selbst wenn sie zutreffen sollte: Aus dem gleichen Grund 
            stellen wir alle schließlich jeden Abend den Wecker für 
            den nächsten Tag. 
          Und 
            sowieso sollte man sich vor pauschalen Urteilen hüten - es könnte 
            die Falschen treffen. Zum Beispiel Fleetwood Mac. Die Band hat mehr 
            Leben als die sprichwörtlichen sieben, die einer Katze zur Verfügung 
            stehen, und prägte in wechselnder Besetzung den Sound dreier 
            Jahrzehnte: den Blues in den 60ern, Rock und Folk der 70er, den Pop 
            in den 80ern. Nicht jeder Fan mochte die gesamte Spannbreite ihrer 
            Musik mit verfolgen, doch Zuspruch und Kritikerlob blieben der Band 
            bis heute erhalten, sogar von höchster Stelle: Prominentester 
            Fleetwood Mac-Fan ist Ex-US-Präsident Bill Clinton.
          Fleetwood 
            Mac haben jetzt, zum ersten Mal seit ihrem Album "Tango in The 
            Night" von 1987, neues Studiomaterial aufgenommen und veröffentlicht, 
            und zwar in der Zusammensetzung, in der Band in den 70er Jahren ihre 
            größten Erfolge feierte: Gründungsmitglieder und Namensgeber 
            Mick Fleetwood und John McVie, außerdem Stevie Nicks und Lindsey 
            Buckingham, allerdings ohne das fünfte Mitglied Christine McVie. 
            
          Unerwartet 
            kraftvoll, energisch und überzeugend knüpft das britisch-amerikanische 
            Quartett an seine erfolgreichste und wohl auch beste Zeit an: die 
            Alben "Fleetwood Mac" (1975), "Rumours" (1977) 
            und "Tusk" (1979). Wie schon auf diesen Alben ist der klassische 
            Rock der Grundton auch der neuen Platte, und es geht darauf schon 
            mal richtig laut zur Sache. Lärmende Gitarren und eine nicht 
            minder laute Stevie Nicks beherrschen weite Strecken auf "Say 
            you will", doch die Band zeigt, dass sie daneben immer noch herrlich 
            eingängige und mitreißende Melodien und Ohrwürmer 
            produzieren kann, ein phänomenales Gespür für Arrangements 
            und Harmonien besitzt: eindrucksvoll auf 18 Titeln mit über 70 
            Minuten Spielzeit - fast wie 'damals', zu den Zeiten von "Tusk".
          Mal 
            ehrlich: Wer hätte Fleetwood Mac diesen Kraftakt nach all den 
            Jahren noch zugetraut ? Doch "Say you will", ist - völlig 
            überraschend - weit mehr als ein Comeback-Album, das in der Vergangenheit 
            verharrt. 
          Fleetwood 
            Mac bleiben ihrem Stil von damals treu, aber sie musealisieren ihn 
            nicht, sondern holen ihn in die Gegenwart, und sie haben erstaunlich 
            wenig von der Intensität ihrer früheren Arbeit eingebüßt. 
            Die Gesangspartien von Stevie Nicks und Lindsey Buckingham sind großartig 
            und einschmeichelnd wie eh und je, und mehr denn je fügen sich 
            die Mitglieder auf "Say you will" zu einer Gemeinschaft, 
            deren ureigene und unverwechselbare Mischung aus Pop, Rock, Folk, 
            Blues und psychedelischen Sounds schon 1977 das Album "Rumours" 
            zu einem der erfolgreichsten Alben überhaupt werden ließ: 
            Über 18 Mio. verkaufte Exemplare bis heute.
          "Say 
            you will" ist eine Lehrstunde in Sachen klassischer Rockmusik 
            und lässt einige der Kollegen heutiger Tage ziemlich alt und 
            blass aussehen. Es verfügt über Erfahrung, Wärme, Leidenschaft, 
            Neugier, Zeitlosigkeit - und damit über beste Chancen, auch jüngere 
            Musikfans zu begeistern. 
          Und 
            die Radiostationen, bei denen "Oldies" wie "Don't Stop" 
            und "Tango in The Night" seit Jahren auf Dauerrotation laufen, 
            können endlich auch mal auf neues Material zurückgreifen. 
            Denn zu den Oldies gehören Fleetwood Mac noch lange nicht. 
          © 
            Michael Frost, 22. April 2003