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Hellwach in
der Musik versunken


Für ein Debütalbum klingt "Worrisome heart" bisweilen unglaublich ausgereift, gelassen, fast abgeklärt. Normalerweise würde man erwarten, dass eine gewisse künstlerische und Lebenserfahrung vorliegen muss, um so entspannt und souverän zu Werke gehen zu können. Doch Melody Gardot ist gerade erst 22, und für ihre famose Mixtour aus Barjazz, Folk und Blues folglich ein wenig frühreif. Und doch: Allein die Tatsache, das ihr Album so wunderbar leise, melancholisch und bar jeder Effekthascherei ist, verbietet Attribute wie "sensationell" oder "spektakulär".

Sie selbst gibt unumwunden zu, sich nie systematisch mit Musik beschäftigt zu haben. Melody Gardot verdiente sich als Barpianistin zusätzliches Taschengeld, zu ihrem Repertoire gehörten Songs von Radiohead, Duke Ellington und The Mamas & The Papas. Und doch: Erst während eines Therapieprogramms, das sie nach einem Verkehrsunfall begann, bei dem sie sich schwere Verletzungen zugezogen hatte, begann Melody Gardot, eigene Stücke zu komponieren, die später auf einer ersten EP ("Some lessons: The Bedroom Sessions") veröffentlicht wurden.

Die Songs, die sie nun auf "Worrisome heart" versammelt, sind eine Wohltat inmitten einer hektischen, manchmal unüberschaubaren Gegenwart, denn Melody Gardot gelingt es, für den Moment eines Albums die Zeit anzuhalten. Sie braucht dafür kein großes Orchester, keine leinwandbreiten Arrangements, sondern nur die Atmosphäre eines abgedunkelten Clubs, eine Handvoll versierter Jazz- und Blues-Musiker, und ein Mikrofon. Ihre Stimme, die intime Atmosphäre, die klaren Strukturen ihrer Songs - all das erinnert an Madeleine Peyroux, ihre leider viel zu selten zu hörende Blues-Kollegin, und doch entwickelt Melody Gardot vom ersten Moment an ein eigenes Profil.

Schon nach dem kurzen Piano-Intro des Openers und Titelstücks "Worrisome heart", wenn sie mit ruhiger, warmer Stimme einsetzt, während im Hintergrund eine einsame Cool-Jazz-Trompete die Gesangsmelodie variiert, horcht man auf und bleibt auch bei den folgenden Songs gleichzeitig hellwach und doch in der Musik versunken; ganz gleich, ob sie leisen Swing ("All that I need is love"), melodiöse Folkballaden ("Gone") oder tiefgründigen Blues ("Some lessons") intoniert.

Melody Gardots Debüt erscheint bei der großen Universal Jazz. Dort scheint man ihr großes Potential also einerseits erkannt und trotzdem noch unterschätzt zu haben: Die ersten Rückmeldungen zu dem Album sollen so positiv gewesen sein, dass man den Veröffentlichungstermin kurzerhand verschob, um die Promotion noch ausweiten zu können. So steht vielleicht zu hoffen, dass nach den bereits absolvierten Auftritten in Berlin und Hamburg (ein weiterer ist in Stuttgart geplant) eine größere Tournee folgt.

© Michael Frost, 25.05.2008

 


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