Die 
          Folgen der Migration von Menschen bringt es mit sich, dass eine der 
          interessantesten Bands afrikanischer Herkunft aus den Alpen stammt, 
          nämlich aus Grenoble im Osten Frankreichs. Dort fand sich bereits 
          1992 die "Gnawa Diffusion" zusammen, eine Band um ihren stimmgewaltigen 
          Frontmann Amazigh Kateb, die es sich seitdem zur Aufgabe machte, verschiedene 
          Musikstile ihre Heimat, namentlich Algerien und Marokko, in die Welt 
          zu tragen - aber auch zurück in die Heimat der Vorfahren, wo sie 
          nun die Selbstbehauptung, aber auch den interkulturellen Austausch unterstützen. 
           
          In 
            der ohnehin aufgeschlossenen Musikszene Frankreichs ist die Band mit 
            ihrem Konzept ungemein erfolgreich, nicht nur in der großen 
            Gemeinschaft nordafrikanischer Einwanderer, sondern weit darüber 
            hinaus. Anders ließe sich der Erfolg ihrer Alben und Auftritte 
            nicht erklären. Die besondere Magie ihrer Liveauftritte lässt 
            sich nun auch auf der CD/DVD "Fucking Cowboys" nachvollziehen.
          Gnawa, 
            der Musikstil, der selbst eine Migrationsgeschichte hinter sich hat, 
            da ihn einst Sklaven aus Westafrika durch die Sahara bis nach Marokko 
            trugen, ist bis heute, auch in der Fassung von Gnawa Diffusion, ein 
            traditioneller, tranceartiger Rhythmus geblieben, der von einer sonoren 
            Gesangsstimme, einem ihm antwortenden Chor und hypnotischen Percussions 
            getragen wird. 
          Der 
            Gnawa-Sound bildet die Grundlage für weitere nordafrikanische 
            Stile, etwa Cha'abi, die in ihrer mit europäischen Einflüssen 
            vermischten Form als "Raï" berühmt gewordenen 
            Popmusik Algeriens, aber auch Reggae oder die Musik der Berber aus 
            dem Atlasgebirge im Süden Marokkos. "Schwitzt ihr schon?", 
            fragt Kateb an einer Stelle des Konzerts überflüssigerweise 
            - denn Hitzewallungen sind bei diesem Sound garantiert. 
          Im 
            Gnawa vermischen sich Völker, kulturelle und religiöse Traditionen 
            der Nordafrikaner, aber auch ihrer nach Europa emigrierten Angehörigen. 
            Das Ergebnis ist feurig und leidenschaftlich, tranceartig und berauschend, 
            eine Art orientalische Rave-Party, verwirrend vielfältig und 
            betörend wie die Düfte, Klänge und Menschen auf dem 
            Djemaa el-fna, dem legendären Marktplatz von Marrakesch. 
          Marrakesch 
            wird im Sommer 2007 eine der letzten Stationen von Gnawa Diffusion 
            sein. Dort tritt die Band als Headliner des Gnawa/Reggae/Rap- und 
            Hiphop-"Festival des Calèches" auf, und "Fucking 
            Cowboys", aufgenommen bei einem Konzert im November 2006 im Pariser 
            Theater "Elysée-Montmartre" ist der Abschiedsgruß 
            und Erinnerungsalbum für Fans und solche, die es nach dem Hören 
            und Sehen des CD/DVD-Albums bedauern werden, nicht früher auf 
            diese Band aufmerksam geworden zu sein. 
            
          © 
            Michael Frost, 23.06.2007