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Eigenwillig, uncool


Es geschieht etwas Sonderbares in der Musikwelt. Seit dem Debüt-Album der Fleet Foxes im vergangenen Jahr wird ein Sound gehypt, der zunächst einmal so betont uncool ist, dass er schon dadurch Aufmerksamkeit erregt. Dabei hat der "Männerchor, der eins sein will mit der Natur" (Die Zeit) Kult-, und wie wie jetzt wissen, auch Trendpotential. Denn parallel werkelten die New Yorker Kollegen von Grizzly Bear an ihrem eigenen, gegen jeden Strich gebürsteten, Manifest. Mit "Yellow House" hatte die Band mit Sänger Ed Droste, Christopher Bear (Drums), Chris Taylor (Bass) und Daniel Rossen (Gesang, Gitarre) 2006 ein erstes, viel beachtetes Album veröffentlicht, das sie im Jahr darauf mit der Remix-EP "Friend" gleich wieder auseinander nehmen ließen.

"Veckatimest" (benannt nach einer kleinen, unbewohnten Insel, die die Band einmal besuchte) ist nun das Ergebnis eines kontinuierlichen Prozesses, in dessen Verlauf Grizzly Bear einen eigenständigen Ausdruck entwickelte, der im Postrock wurzelt, psychedelische Elemente aufgreift, Anti-Folk als Bezugspunkt findet und - wie schon die Fleet Foxes - von den vertrackten Gesangsharmonien der Beach Boys und Brian Wilsons nicht mehr loskommt.

Videolink: Grizzly Bear "Two weeks" / youtube
 

Dass die Aufnahmen zum Album ein halbes Jahr in Anspruch nahm, glaubt man unbesehen. Melodien und Arrangements sind kompliziert bis vertrackt und unglaublich vielschichtig. Nicht nur der Gesang von Droste und Rossen wurde zum Chor übereinander gelegt, auch die Instrumente wurden so aneinander gereiht, miteinander verzahnt und ineinander verwoben, das bisweilen der Eindruck eines Orchesterwerks entsteht - das seinen alternativen Charakter allerdings nie verliert. Man man das als so geometrisch empfinden, wie die Zeichnungen im Booklet (William O'Brian) vorgeben, als abstrakt oder gar verkopft, doch tatsächlich bricht sich hier eine musikalische Vision Bahn, die Versatzstücke aus verschiedenen Jahrzehnten einbindet und daraus ein neues Konzept entwickelt.

Alle Ideen kulminieren gegen Ende des Albums in dem Song (?) "I live with you". Die hörbaren Einflüsse reichen hier von Brian Wilson über Pink Floyd bis zu Radiohead, Belle & Sebastian, den Fleet Foxes und der dänischen Avantgarde-Band Efterklang, auf dessen hauseigenem Label übrigens 2006 die erste Grizzly Bear-EP "Home op plenty" erschien.

Sonderbar, eigenwillig, uncool - in der Musikwelt passieren seltsame Dinge, und vielleicht formiert sich aus den Ansätzen eine Bewegung? "Veckatimest", so Fleet Foxes-Sänger und Songwriter Robin Pecknold anerkennend, ist "das beste Album des Jahrzehnts". Sehen wir mal, was danach kommt.

© Michael Frost, 02.06.2009


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