vorschau RIGMOR GUSTAFSSON & R.S.Q.V.
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Die Chemie stimmt


Nein, um ein Streicherensemble erweiterte Arrangements waren erklärtermaßen nicht ihr Ziel. Rigmor Gustafsson hatte sich nach eigenem Bekunden in das Radio.String.Quartet.Vienna verliebt und wollte seinen faszinierend eigenwilligen Klang unbedingt erhalten. Und so wurde "Calling you" zu einem der ungewöhnlichsten Jazz-Alben dieser Tage, weil eigentlich nur noch der Gesang an Jazz erinnert; das Quartett macht scheinbar etwas anderes -und immer, was es will.

Zum Beispiel Klassik. Fast wie eine feierliche Ouvertüre, andererseits aber auch schon fast programmatisch wirkt "Still crazy after all these years", mit dem die Schwedin und die vier Österreicher den Reigen ungewöhnlicher Coverversionen eröffnen: Paul Simons Ballade wird zum kammermusikalischen Auftakt, dem eine mehr als kuriose Auswahl an Stücken folgen wird, die von Joni Mitchells "Drycleaner from Desmoines" bis zu Stevie Wonders "If it's magic" reicht und mit dem schwedischen Volkslied-Evergreen "Ack Värmland du sköna" schließt.

Auch "Close to you", einst das Titelstück auf Rigmor Gustafssons Bacharach-Album (ACT, 2004), wurde erneut aufgegriffen: Die strahlende Schwedin bleibt eine Meisterin der ungewöhnlichen Adaption und verweigert sich so der Klassifizierung.

Das Radio.String.Quartet.Vienna (r.s.q.v.) umgarnt die Sängerin, bindet sie ein, spielt mit ihr, und sie antwortet in der Sprache der Instrumente, wird gewissermaßen zur Fünften dieser Vier. Bernie Mallinger und Johannes Dickbauer (Geige), Cynthia Liao (Viola) und Asja Valcic (Cello) zaubern eine ebenso emotionale (magisch: "Calling you ") wie kraftvolle (elektrisierend: "Please don't go") und grell bunte (überdreht: "Drycleaner from Des Moines") Spielfläche, auf der sich die Sängerin bestens entfalten kann.

Rigmor Gustafsson habe "eine Nische gefunden", schrieben wir über ihr Album "On my way to you", auf dem sie ausschließlich Musik des Komponisten Michel Legrand vorstellte. "Calling you" erweitert diese Nische nun beträchtlich, einmal durch die Bandbreite des ausgewählten Repertoires, doch ebenso durch die ungewöhnliche, höchst faszinierende Interpretation.

"Die Chemie stimmt", sagt man über Menschen, die sich intuitiv verstehen, und dies scheint auch für Gustafsson und ihre Mitstreiter zu stimmen. So gelang es ihnen, in kürzester Zeit einen gemeinsamen Zugang zu den Liedern zu finden. Das Titelstück kam als letztes hinzu. Geiger Bernie Mallinger erzählt, er habe "Calling you" am Tag vor der Aufnahme beim Sehen von Percy Adlons "Out of Rosenheim" entdeckt, der ihm "vom ersten Moment an" wie gemacht schien für eine Version mit Streichquartett. "Wir haben den Song praktisch im Studio erarbeitet", sagt er, "und sind sehr glücklich mit dem Ergebnis." Wir auch.

 

© Michael Frost, 28. Februar 2010


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