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Die Nähe zum Gewohnten

 

"Was machen eigentlich ... A-ha?" Nun, die Frage ist nicht ganz zulässig. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Bands, die mühevoll für Revival-Shows reanimiert werden müssen, hatte das norwegische Trio, das zwischen 1985 und 1993 eine fulminante Weltkarriere hinlegte, seinen Zenit noch längst nicht überschritten. Ihr 2000 erschienenes Comeback-Album "Minor earth - major sky" toppte selbst Megahits wie "Take on me".

Seitdem gehören A-ha wieder zum festen Bestandteil der Popszene. Auch wenn manchmal mehrere Jahre zwischen ihren Veröffentlichungen liegen, würde man wohl nicht mehr von "Comeback" sprechen: Morten Harket, Magne Furuholmen und Paul Waaktaar-Savoy waren nie wirklich weg. Dafür spricht nun auch ein musikalisches Intermezzo, mit dem A-ha-Frontmann Morten Harket sich Gehör verschaffen will. "Letter from Egypt" heißt sein zweites Solo-Album (1995 erschien bereits "Wild seed").

Die Songs dieses neuen Albums, so heißt es, seien bereits kurz nach der Veröffentlichung von "Wild seed" entstanden, allein wegen der Reunion von A-ha habe er das Projekt zurückgestellt. Was aber genau unterscheidet nun ein Solo-Album von einem Band-Album? Immerhin ist Morten Harket die markante Gesangsstimme, an der man jeden A-ha-Titel sofort erkennen kann. Kopf von A-ha ist jedoch ein anderer: Paul Waaktaar-Savoy, der mit seinen einprägsamen Popharmonien den schließlich als "typisch" empfundenen Sound prägte.

Morten Harket geht als Songschreiber einen anderen Weg. Auf "Letter from Egypt" präsentiert er sich als gereift, ruhiger, nicht nach dem schnellen Effekt suchend. Er lässt seinen Songs - nahezus ausnahmslos Eigenkompositionen - Zeit.

Und er versammelt eine illustre Begleiterschar um sich, darunter Eivind Aarset, gefeierter Jazz-Gitarrist, der an der Seite von Bugge Wesseltoft und Nils Petter Molvær berühmt wurde, Per Lindvall, der seine Drummer-Karriere bei Abba startete, Helge Norbakken, der zum Live-Ensemble der norwegischen Songwriterin Kari Bremnes gehört. Versuchte man, das Spektrum von "Letter from Egypt" einzugrenzen, so würde es sich exakt in der Schnittmenge dieser Referenzen bewegen: Melancholischer Pop bildet die Grundlage, von hier aus wird das Tempo mal angezogen, mal weiter zurückgenommen, elektronische Spielereien und ein Geigenensemble bilden elektrisierende Gegenpole, ohne das Grundkonzept aufzugeben. Selbstredend: Die wichtigste Referenz fehlt noch - A-ha.

Morten Harket kann und will sich von seiner Herkunft nicht wirklich lösen. Mit Kjetil Bjerkestrand steht ihm zudem ein langjähriger A-ha-Begleiter als Produzent, Ko-Autor, Arrangeur und Keyboarder zur Seite. Er setzt Morten Harkert mit seiner nach wie vor unverwechselbaren Stimme ins rechte Licht.

Diese Nähe zum Gewohnten ist vielleicht das Hauptproblem des Albums. Vielleicht, weil Harket sich letztlich zu wenig von seiner Band emanzipiert, bleibt man in Gedanken immer bei A-ha, vergleicht die Songs und vermisst schließlich den schwelgenden Powerpop, mit dem Morten Harket und seine Kollegen groß wurden.

© Michael Frost, 08.06.2008

 


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