Kaum
ein Konzert kommt heute noch ohne begleitende Multimedia-Show aus.
Ob nun David Bowie, Massive Attack oder Radiohead - selbst Sigur Rós
bebildern ihre Auftritte mit Versatzstücken aus Videoclips, Filmen
und Animationen, die auf Leinwände im Bühnenhintergrund
projiziert werden. Sie reagieren damit einerseits auf technische Innovationen,
die diesen multi-medialen Einsatz überhaupt erlauben, andererseits
loten sie damit die Möglichkeiten der Verbindung visueller und
auditiver Elemente aus.
Diese
Form der Kunst wird an Bedeutung sicherlich noch weiter zunehmen und
vielleicht die gewohnten Videoclips ablösen, die im aktuellen
Musikfernsehen sowieso immer weniger Platz finden.
Helmut
Hattler, bereits seit den 70er Jahren (Kraan, später Tab Two)
einer der mutigsten, weil kreativsten und innovativsten Künstler,
hat sich mit den Möglichkeiten audiovisueller Kunst nun genauer
auseinander gesetzt und vierzehn Titel, darunter einige bereits bekannte
Kompositionen, aber auch eine Reihe neuer Songs von unterschiedlichen
Regisseuren, darunter langjährige Weggefährten und Künstler
des Royal College of Art, mit Bildern unterlegen lassen.
Tatsächlich
bieten die Electronica-Sounds seiner Alben "No eats yes",
"Mallberry moon" und "Bass cuts" beste Voraussetzungen
für eine filmische Umsetzung, lassen die digitalen Sounds und
die angenehm leichten Lounge-Rhythmen doch der Assoziation weitgehend
freien Lauf. Gegenständliches und Dokumentarisches wechselt sich
mit künstlichen, zum Teil psychedelisch anmutenden Animationen
ab und schafft dadurch neuartige Zugänge zu den Hattler-Kompositionen.
Jazz,
Electronica, Ambient, instrumental oder mit weiblichen Gesangsstimmen
- trotz der Visualisierung bleibt Hattler jedoch vor allem Musiker.
Deshalb hat er auch hier versucht, seinen Songs mittels eines besonderen
Surround-Verfahrens eine besondere Tiefe zu geben. "Der eigentliche
Reiz", sagt er, "war die Möglichkeit das DVD-Format
auszureizen und der Musik und dem Sound nochmals eine weitere Dimension
per bewegter bilder hinzuzufügen."
Seine
"Surround cuts" empfehlen sich dadurch nachdrücklich
für den Einsatz auf den Plasmabildschirmen hipper Szene-Lounges,
aber durchaus auch für den Heimgebrauch. Da die Bilder keine
Geschichte erzählen, sondern nur die Klänge unterstützen
wollen, ist man keineswegs gezwungen, ihnen die volle Aufmerksamkeit
zu schenken. Man wird eher dazu bewegt, die Bilder und die Chillout-orientierten
Sounds als Ausgangspunkt für die eigenen Tagträume zu nutzen.
Man darf die "Surround Cuts" getrost als "Berieselung
auf hohem Niveau" bezeichnen, denn diese Beschreibung stammt
von Helmut Hattler selbst.
©
Michael Frost, 11.10.2005