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Hemm(ungslos)


Nur wenige Monate nach der weltweiten (!) Veröffentlichung seines selbst betitelten Erstwerks lud Benni Hemm Hemm, Islands derzeit seltsamster Songwriter, seine befreundeten Blechbläser - immerhin ein gutes Dutzend - nebst Schlagzeuger, Bassist und Gitarristen, erneut zu Albumaufnahmen ein.

So erblickt nun also "Kajak" das Licht der Welt. Und einmal mehr stellt Benni Hemm Hemm mit seinem skurrilen Kurorchester damit die Gesetze der Rockmusik auf den Kopf. Benni Hemm Hemm ist nämlich an sich gar kein guter Sänger. Da er ausschließlich Isländisch ist, kann man ihn noch nicht einmal verstehen.

Es gehe um abstrakte Liebeslyrik, Vogelgezwitscher und das Fürstentum Monaco, ist im Begleittxt der Plattenfirma zu lesen. Was nur weitere Fragen aufwirft.

Zum Beispiel nach der Musik. Seine Kompositionen sind an sich nämlich weder übermäßig einfallsreich noch haben sie das Zeug zum Ohrwurm. Die verrückte Brassband taucht immer zum unpassendsten Zeitpunkt der Songs auf. Mal scheppernd, mal schwülstig, mal falsch: was das Label als "Northern Soul" anpreist, hat das Zeug zum Kultorchester.

Denn trotz der merkwürdigen Zutaten kommt man von Benni Hemm Hemm (eigentlich: Benedikt H. Hermannsson) kaum mehr los. Denn die Schlichtheit seiner Songs, der unfertige Gesang, die unkalkulierbaren Arrangements haben einen enormen Unterhaltungswert, sie strahlen Frische aus und zeugen vom unbekümmerten Umgang mit Tradition, Mode oder Marktwert. Kein Zweifel: Benni Hemm Hemm, dieser Künstlername ist abgeleitet von hemmungslos.

Den Isländern gefällt's. Sie haben das Debüt zum "Album des Jahres" gekürt, was durchaus nachvollziehbar erscheint. Denn die natürliche Musikalität der Aufnahme ist weit ausgeprägter als bei vielen überproduzierten, steril-perfekten "Produkten" der internationalen Konkurrenz. Und der Nachfolger "Kajak" steht dem Erstling in nichts nach. Jetzt würden wir Benni Hemm Hemm mitsamt seiner bizarren Blaskapelle gern einmal live erleben. Spaß dürfte garantiert sein.

© Michael Frost, 14.01.2007


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