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Gemeinsame Seele


"Wie kaum eine andere Jazz-Sängerin kultiviert Caroline Henderson den Sidestep – den Schritt abseits des Vorhersehbaren, des von einer Künsterlin ihres Genres erwarteten Repertoires. Dabei übertritt die Dänin die Grenze des Jazz immer wieder so weit, dass man sie schließlich gar nicht mehr so recht zuzuordnen weiß: Wo endet Jazz, wo beginnt der Blues, wann ist es Soul, wann Crooner-Pop – von Folk, Swing und Musical gar nicht zu reden.

Diese nur scheinbar wahllose Vielfalt von Stilen zeichnet nahezu jedes ihrer bisher sieben Alben aus, zuletzt „Love or nothin’“, wo ihr immerhin der Spagat zwischen Tom Waits und Marlene Dietrich gelang, und auch „Caroline No. 8“ gibt sich nicht mit weniger zufrieden.

Gershwin („It ain’t necessarily“) und Cole Porter („I concentrate on you“) gehören dabei schon fast zum Standardrepertoire einer Interpretin ihres Formats, doch die Besonderheit Caroline Hendersons liegt darin, dass sie Songs wie „I got lost in his arms“ (Irving Berlin) oder „When you’re smiling“ (Billie Holiday) nicht einfach covert, sondern sie sich zueigen macht.

Zum Beispiel „Bang Bang“ (Sunny Bono): Henderson verwandelt den Song in einen veritablen New Orleans-Blues, stilecht mit getragenen Bläsern und Trauerflor. Auf einen Tom Waits-Song muss man auf „Caroline No. 8“ verzichten, doch dafür reiht sie sich mit ihrer Version von „Riverman“ in die ständig länger werdende Liste von Verehrern des 1974 verstorbenen britischen Songwriters Nick Drake ein.

All diese unterschiedlichen Songs, zusätzlich zwei aktuelle Kompositionen ihres Produzenten Anders Christensen, interpretiert Henderson stilsicher, formvollendet und charaktervoll. Sie widersteht der Gefahr, durch allzu glatte Interpretationen oberflächlich eingängiger, dann allerdings ohne Nachklang zu bleiben.

Im Wechselspiel mit ihrem um ein halbes Dutzend Gastmusiker ergänztes Ensemble aus Nikolaj Hess (p), Anders Christensen (b) und Mikkel Hess (dr) baut sie eine dichte Atmosphäre jenseits jeder Beliebigkeit auf, die jedem Stück seine eigene– und dem Album eine gemeinsame– Seele einhaucht.

© Michael Frost, 30.08.2008

 


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