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Im Kampf gegen
'Plätschermusik'
von Ralf Schünemann


Nachdem die Lyrik Rainer Maria Rilkes in drei CDs und einer Live-Tour durch Deutschland einer breiten Masse in ‚entgegenkommender Interpretation' präsentiert wurde - mit dem internationalen Buchpreis CORINE 2004 für das beste Hörbuch ausgezeichnet - muss nun Hermann Hesse im neuen Projekt von Richard Schönherz und Angelica Fleer herhalten. "Die Welt unser Traum".

Was bei Rilke von ansprechender Lebendigkeit geprägt war und in einem ausgewogenem Verhältnis gelang, gerät beim neuen Projekt an einigen Stellen aus dem Gleichgewicht - die Mischung aus Musik, Geräuschen, Klängen und der gesprochene Text.
Der Versuch, Hesses Gedankengut in Form von Lyrik und Prosa, "die Verbindung von östlicher Spiritualität und abendländischer Aktivität" (Schönherz & Fleer im Booklet), zu vertonen, schlägt fehl. Der Vergleich mit Filmmusik, die nicht illustriert und vorsichtig unterstreicht, sondern die die Handlung und in diesem Fall die Texte und Gedanken einfach nur ertränkt, liegt nah.
Ausnahme: die Musik stimmt im Moment, als Till Brönner zum Flügelhorn greift. Dass ihm allerdings Caterina Valente 'dazwischenquatscht', ist eigentlich unverzeihlich.

Den Kampf gegen diese 'Plätschermusik' gewinnen dann auch nur die starken Stimmen in dem bunt gemischten Ensemble. Matthias Habich ("Im Nebel") und auch Juliane Köhler ("Glück") setzen sich durch, erfassen das Wort und transportieren ihre Intention beim Umgang mit Hesse auf den Punkt.

Auch Neo-Chanson-Interpretin Annett Louisan ("In Sand geschrieben") sei mit unter die ausdrucksstarken Stimmen gereiht. Ihre Stimmung von kindlicher Naivität, Traurigkeit gepaart mit Herzenswärme dient dem Text außerordentlich. Erhebt sie ihre Stimme, dann ist das Ziel des Projekts - uns zu verzaubern - erreicht und man wünscht sich mehr davon. Es würde mich nicht verwundern, wenn hier eine neue Hesse-Interpretin gefunden ist.

Im Gegenzug dazu ist es ein unsanftes Erwachen, wenn Roger Willemsen mit brachialer Monotonie erklingt oder Ben Becker sich mal wieder stimmlich auf den Ausdruck von Männlichkeit beschränkt.
Das Rilke-Projekt ging unter die Haut. Der Hesse Ableger plätschert meist vor sich hin und schulte den geneigten Kritiker in der Fähigkeit selektiv wahrzunehmen und die Musik auszublenden. Schade eigentlich!

"Schönherz & Fleer
Hesse Projekt "Die Welt unser Traum"
ist ein Gastbeitrag von Ralf Schünemann.
Ralf Schünemann ist Dipl.-Sprechwissenschaftler
und lehrt an der Pädagogischen Hochschule
Weingarten/Baden-Württemberg.

© Ralf Schünemann, Mai 2007

 


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