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"Spooky Fairytales"


Über weite Strecken hört man nur eine einsame akustische Gitarre. Man denkt an Steppe, soweit das Auge reicht. Nur ein einzelnes Lagerfeuer wärmt die Nacht in dieser unwirtlichen Landschaft. Das ist SIE. Jolie Holland. Kantig und eckig klingt ihre Stimme, rau und mit deutlichem Akzent.

"Spooky American fairytales" seien ihre Songs, sagt sie selbst. "By three a.m. all the morning birds will be crying" beginnt ein Titel, "I wanna die down south Louisiana" ein anderer - selbst der Blues hat den Blues angesichts der desperaten Tristesse in den Liedern von Jolie Holland.

Dann wiederum haben ihre Lieder so gar nichts märchenhaftes, sondern nehmen direkten Bezug auf die Realität. Auch der Lagerfeuerschein erlischt bei Textzeilen wie diesen: "When the supreme authorities of our culture tell us to get down on our knees and beg for salvation from some divinity, is it any wonder there are people begging on the street for salvation from poverty?"

Keine Frage, Jolie Holland ist eine der ungewöhnlichsten Musikerscheinungen des Jahres. Ihre beherzte Art der Mischung amerikanischer Musiktraditions-Linien aus Folk, Jazz und vor allem Blues macht sie zur Ausnahmeerscheinung. In seinem Begleittext zu ihrem Album "Catalpa" erinnert der Musikjournalist Michael Goldberg zu Recht den jungen Bob Dylan als Referenz, Woodie Guthrie und Billie Holiday.

"Mysteriös" sei ihre Musik, so Goldberg. In ihr verberge sich mehr als man wirklich erfassen könne. Immer wieder müsse man diese Musik hören, um ihre Seele vollends zu ergründen.

Das Geheimnisvolle beginnt bereits mit dem Albumcover. Es zeigt schemenhaft eine junge Frau mit roter Bluse und einem Kinder-Akkordeon. Ist das wirklich Jolie Holland ? - Ein Akkordeon ist auf "Catalpa" überhaupt nicht zu hören.

Doch auch die existierenden Instrumente sind kaum zu greifen: das Banjo, die Harmonica, die singende Säge, Drums. Sie sind Teil des Mysteriums, Teil der berückenden Parallelwelt der Jolie Holland, die schließlich auch den Zuhörenden in sich aufnimmt und verschwinden lässt. Dagegen bleibt für den Außenstehenden nur Steppe sichtbar, soweit das Auge reicht, und ein einzelnes wärmendes Lagerfeuer.

© Michael Frost, 15.11.2003

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