Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

Gepflegte Reminiszenzen


Diese Veröffentlichung ist vor allem eines: überfällig. Hooverphonic gehören seit nunmehr elf Jahren zu den interessantesten Popbands des Kontinenten. Ihr Sound bewegt sich zwischen den düsteren Abgründen des Triphop, der Opulenz von James Bond-Soundtracks und dem luftigen Minimalismus des französischen Elektroduos Air. Nur ein, offenbar unverzeihliches Manko hat diese Band: Sie kommt nicht aus England, dem Mutterland des Pop, und auch nicht aus einem angesagten Nebenzentrum wie Schweden oder Island - sondern aus Belgien.

Das reichte offenbar, um die Band seit 2002, als ihr stilvolles Konzeptalbum "Hooverphonic presents Jackie Cane" in Deutschland komplett zu ignorieren: Die nachfolgenden Alben sind nur als Importware erhältlich.

Mit "The President of the LSD Golf Club", dem neuen und siebten Album der Belgier und ihrer neuen Plattenfirma PIAS soll nun alles anders werden. Auch den Sound unterzog man einer Rundumerneuerung. "Es war an der Zeit", erzählt Band-Chef Alex Callier, "die Elektronik wegzulassen. Keine Computer, keine Synthesizer, und auch kein Orchester mehr. Ich hatte die Nase voll davon, alleine rumzusitzen und zu programmieren. Ich wollte im Studio Musik machen ... mit Musikern."

Also wurde erstmals wieder konsequent analog gearbeitet. Dem Charme des Sounds hat dieses Vorgehen gut getan. So leicht, heiter und bisweilen naiv freundlich klang Hooverphonic noch nie. Geike Arnaert, die sonst oft als belgische Beth Gibbons bezeichnet wurde, unterstreicht den optimistischen Klang des Albums durch ihre helle Stimme - weniger Schwermut war nie.

Der freundliche Sound birgt bisweilen die Gefahr der Beliebigkeit. Wenn es nicht mehr die drückende, epische Atmosphäre ist, die den Hörer fesseln soll, dann müssen starken Melodien diese Aufgabe übernehmen, doch da bleibt "The President of the LSD Golf Club" hinter früheren Alben spürbar zurück. Auch bedächtigere Songs wie "Billie" kratzen nur an der Oberfläche, wirklich berühren können sie nicht.

So mag man sich zwar wohlig zurücklehnen, den gepflegten Reminiszenzen des 60er-Jahre-Sounds lauschen, doch am Ende hat man beunruhigend viel des Gehörten bereits wieder vergessen.

Nur das ausladende "Black marble tales" und der Schlusssong "Bohemian Laughter" reißen aus den Tagträumen. Hier findet die Band endlich wieder zu der bis dahin verloren geglaubten Magie großer Klanggebilde und damit zu alter Stärke zurück.

Es ist ein wenig enttäuschend, dass Hooverphonic ausgerechnet mit diesem Album das deutsche Publikum erobern soll, doch verschrecken lassen sollte man sich nicht. Besser man nimmt den "President of the LSD Golf Club" als Ausgangspunkt für eine Erkundungsreise zu den vorigen Veröffentlichungen, da gilt es noch reichlich Perlen zu entdecken.

Für die Band dagegen gilt: In der Vergangenheit liegt ihre Zukunft offenkundig nicht.

© Michael Frost, 05.04.2008

 


[Archiv] [Up]