Vor 
          zwei Jahren kam er auf die Idee, vor einem Jahr hat er sie realisiert: 
          Im Theater im Fischereinhafen hat der Schauspieler Dietmar Horcicka 
          einen Abend mit Liedern des französischen Chansoniers Jacques Brel gegeben. 
           
           
            "So schön und so blöd zugleich" hieß das Programm - nach einer Brel-Zeile 
            - doppeldeutig, denn der Freund und Koautor für den TiF-Abend, Norbert 
            Scharbach, will ihn gewarnt haben: Schon zu viele andere und viel 
            Prominentere haben die "Lieder des wohl bekanntesten Chansoniers aller 
            Zeiten" auf französisch nachgesungen, in Hamburg zuletzt der Schauspieler 
            Dominique Horwitz. 
          Horcicka 
            ließ sich nicht beirren, das Publikum im TiF feierte ihn und die stimmige 
            Show, die er mit einer exzellenten Musiker-Crew um die Lieder herumgebaut 
            hatte. Jetzt hat er unverfroren selbstbewußt noch eins drauf gesetzt: 
            Er hat einen Mitschnitt der Konzerte als CD produziert, und damit 
            beweist er nachprüfbar, dass hier nicht der Provinzschauspieler in 
            peinlicher Selbstüberschätzung den Größeren hinterherläuft, sondern 
            dass einer Jaques Brels Musik mit aller Leidenschaft begriffen hat. 
            
          "Ich 
            war hin und weg, als ich ihn zum erstenmal gehört habe", erzählt der 
            28-jährige. Er liebt Brels Galgenhumor und seine agressive Sozialkritik 
            ebenso wie die melancholischen Liebeslieder. Der 1978 im Alter von 
            49 Jahren an Lungenkrebs gestorbene Sänger und Schauspieler hat mehr 
            als 500 Chansons geschrieben. Elf Titel, darunter einige seiner berühmtesten, 
            enthält der Konzert-Mitschnitt aus Bremerhaven. 
          Dietmar 
            Horcicka singt "Amsterdam", "La Valse a Mille Temps", "Les Bourgeois", 
            "Mathilde" oder "Ne me quitte pas" in der von Brel bevorzugten Begleitformation, 
            mit Akkordeon (Anke Behrens), Piano (Peter Stolle), Flöte (Lars Hierath), 
            Gitarre (Maic Burkhardt), Bass (Stephan Hübler) und Schlagzeug (Olaf 
            Satzer). Das Erstaunliche: Obwohl Horcickas Stimme im Timbre sehr 
            an Brel erinnert, wirken seine Interpretationen nicht gekünstelt und 
            kopiert. 
          Er 
            gibt ihnen etwas Eigenes und Echtes, eine Vitalität und Wärme, die 
            sich vor dem Original nicht verstecken muß. Dabei geht das verhaltene 
            "Ne me quitte pas" ("Ich schenke dir Perlen aus Regen") nicht weniger 
            unter die Haut als das sarkastische "Les Bourgeois", bei dem Horcicka 
            den deutschen Vorspann ausnahmsweise belassen hat: So kann die bissige 
            Pointe ohne Sprachkenntnisse verstanden werden, mit der drei alt gewordenen 
            Freaks drastisch vorgeführt wird, dass sie nicht mehr zur rebellischen 
            Jugend gehören, sondern zum lächerlich komischen Establishment. 
          "Ich 
            habe ihn gewarnt", schreibt Norbert Scharbach im Begleitheft zur CD. 
            Es ist ein Glück, dass die Warnungen nicht gefruchtet haben. Dietmar 
            Horcicka arbeitet heute - nach drei Spielzeiten in Bremerhaven - am 
            "Südthüringischen Stadttheater" in Meinigen, wo er auch als Sänger 
            gefordert wird. Demnächst in Lina Werthmüllers musikalischer Komödie 
            "Gianni, Ginetta und die anderen", danach in "Black Rider" von Tom 
            Waits und Robert Wilson. Horcicka gehört nicht zur Heerschar langweilig 
            glatter Musical-Sänger mit den jederzeit austauschbaren Trimm-Dich-Stimmen. 
            
          Wer 
            ihn Jacques Brel singen hört, spürt, da hat sich einer seinem älteren 
            Bruder im Geiste anvertraut: Sehr ehrlich, sehr enthusiastisch, in 
            aller Frechheit und Freiheit. Eine hörenswerte Hommage an einen der 
            großen musikalischen Freigeister des letzten Jahrhunderts, dessen 
            heftige und innige Schmerzensgesänge nichts an Aktualität verloren 
            haben. 
          "So 
            schön und so blöd zugleich - Dietmar Horcicka singt Jacques Brel" 
            ist eine Gast-Kritik von Hans Happel / Februar 2001
            
            Live-Aufnahme aus dem Theater im Fischereihafen (Tif) vom 13. und 
            18. Mai 2000 CD, 28,- DM (erhältlich u.a. im TiF) 
            
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