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Die großen Tage
des Jazz

 

Sein Ton ist in die Annalen der Jazz-Geschichte eingegangen: als kraftvoll klare Trompete des Funk und Soul Jazz verordnet ihn Reclams Jazz-Lexikon. Das erste Album des gerade 22-jährigen Freddie Hubbard erschien 196o bei Blue Note – zeitgleich mit Ornette Colemans epochalem Album „Free Jazz“, an dem Hubbard ebenfalls beteiligt war. Ein Jahr nach dem Tod des legendären Trompeters – er starb Ende 2008 im Alter von 70 Jahren -, veröffentlicht Blue Note eine Reihe von Liveaufnahmen aus dem Jahr 1969, die zu Recht als atemberaubend bezeichnet werden dürfen.

Freddie Hubbard befand sich damals mit anderen prominenten Musikern auf Europa-Tournee. Er präsentierte sich als Leiter eines hochkarätig besetzten Quartetts, zu dem Roland Hanna (Piano), Ron Carter (Bass), Louis Hayes (drums) gehören. Was Hubbard hier bietet, gehört – seinen eigenen Aussagen nach – zu den besten Aufnahmen seiner langen Karriere. Er arbeitete gerade an seinem letzten Album, als ihm das Material unter die Finger geriet, das jahrzehntelang in den Archiven schlummerte.

Weggefährten erzählen, wie begeistert er den Vorschlag einer Veröffentlichung aufgegriffen habe. Sieben Aufnahmen wurden aus drei Konzertmitschnitten – aus Bristol, London und einem offenbar nicht näher verifizierten Ort in Deutschland – zusammengestellt.

1969, im Zeitalter von Woodstock und wilden Jazz-Rock-Fusionen, wird die Musik der „Jazz Wave Tournee“ wie eine Nostalgiewelle gewirkt haben, umso frischer erscheint sie uns 40 Jahre später: Freddie Hubbard mit einem extrem eleganten, ebenso feinnervigen wie druckvollen Ton, führt in die flirrend fiebrige Welt des Be- und Hardbop, er spielt temporeich, cool-lakonisch, aufgekratzt swingend, mitreißend vom allerersten Ton an. Zugleich kann er samt weich und intim sein, so lässig und gelassen wie in „Body and Soul“, einer der Höhepunkte des an Höhepunkten reichen Albums.

Unterstützt und befeuert wird er von drei musikalisch ebenbürtigen Mitstreitern. Roland Hanna beweist mit einem wahnwitzig leicht hingehauchten Piano-Solo im Titel gebenden „Without a song“, dass er keineswegs nur der „elegant phrasierende und solide swingende Sideman“ (Reclam) ist und Ron Carter zeigt in „Body and Soul“, wie zwei Musiker miteinasnder verschmelzen können.

Ein Album wie dieses erzählt von den großen Tagen des Jazz, ohne dass eine Spur musealen Staubs auf den Rillen von damals läge, im Gegenteil: 40 Jahre später neu gehört wirken diese Aufnahmen wie Aufforderungen an die Musik und Musiker von heute, die Grenzen der Musik ständig zu erweitern statt risikolos in den gemäßigten Zonen des Schönklangs zu surfen.

 

© Hans Happel, 05.12.2009


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