Wird
man umdenken müssen, wenn man an Susi Hyldgaard denkt? Denn die
Kopenhagenerin hat sich nach dem ersten Eindruck ihres neuen von ihrem
bisherigen Stil, einer Mischung aus Jazz, Elektronik, Pop und House,
wie sie zuletzt meisterhaft auf ihrem Album "Blush" vorführte,
verabschiedet.
"Blush"
hatte sie noch gemeinsam mit Electronica-Soundtüftler Matthew
Herbert entwickelt. Der setzte seine Ideen später mit der fabelhaften
Roisin Murphy (Moloko) fort, während die nicht minder fabelhafte
Susi Hyldgaard sich im Fundus ihrer All Time Favourites vergrub, um
daraus die interessantesten Stücke für ein Coveralbum zutage
zu fördern.
Unterstützung
erhielt Susi Hyldgaard durch einen wirklichen "Kreativgeist des
modernen Jazz" (R. Köchl in "Jazz Thing"): Aldo
Romano. Er bestärkte sie in ihrer Suche nach den unvergänglichen
Perlen von Sinatra, Mancini, Cole Porter, Nat King Cole, Mungo Jerry,
Bing Crosby bis Van Morrison.
Und
vorsichtig entwickelten beide ein Soundkonzept, das sich von den zahllosen
und nicht selten überflüssigen Adaptionen erfrischend unterscheidet.
Zum Beispiel Sinatras "In the wee small hours". Den melancholischen
Grundton liefert das Klavier (Susi Hyldgaard selbst), das jedoch immer
wieder digital verfremdet wird, dadurch elektronisch kühl und
distanziert klingt, während die Drums (Carsten Sønderskov),
überraschend schroff und polternd eingesetzt, einen zweiten Gegenpart
zur introspektiven Melancholie Susi Hyldgaards Gesang bilden.
Das
Ergebnis ist überraschend und reizvoll. Immer wieder werden einzelne
Elemente in direkten Kontrast zueinander gestellt und die klassische
Instrumentierung dadurch bewusst gebrochen. Susi Hyldgaard gelingt
es darüber hinaus, mit ihrem extrem wandlungsfähigen Timbre,
das von der zart-naiven Mädchenstimme bis zum abgeklärt
gereiften Bar-Jazz reicht, die Atmosphäre ihrer Stücke immer
wieder zu verändern, manchmal von einem Augenblick zum nächsten.
"Magic
words to steal your heart away" ist deshalb ein "Standard"-Album
nur in der Hinsicht, dass eben Standards interpretiert werden. Dies
geschieht jedoch auf höchst experimentelle Weise, an- und aufregend
wie selten zuvor, in intensiver Atmosphäre, begleitet von einem
angenehm zurückhaltenden Ensemble, unterstützt von der Dansk
Radio Bigband.
Am
Ende stellt man fest, dass man doch gar nicht so sehr umdenken muss,
wie man eingangs dachte. Denn eigentlich hat Susi Hyldgaard nur die
Beziehung der Genres, die schon immer Bestandteil ihrer Musik waren,
etwas deutlicher hervorgehoben und ihren eingeschlagenen Weg konsequent
weiter entwickelt. "Magic words to steal your heart away"
macht sie daher sowohl für Jazz- als auch für Electronica-Anhänger
zu einer hochinteressanten Erscheinung.
©
Michael Frost, 25.05.2007