Jetzt 
            darf man es ja zugeben: Jay-Jay Johanson hat seine Fans in den letzten 
            Jahren auf eine harte Probe gestellt. Nachdem er seine Karriere als 
            schüchterner Dandy mit lasziv-morbidem Falsett und einem Sound 
            zwischen Chet Baker, Frank Sinatra und Portishead begonnen hatte, 
            dabei so großartige Melodien wie "Don't tell the girls 
            that I am back in town" (zu hören auf seinem Debüt-Album 
            "Whiskey") entwickelte, endete er 2002 mit seinem Album 
            "Antenna" im trashigen Plastik-Pop und schriller Frisur.
          "Rush" 
            war dann der Versuch der Umkehr, noch etwas zaghaft, noch nicht wirklich 
            entschlossen und konsequent. Die endgültige Rückkehr zur 
            alten Stärke markiert nun das neue Album "The long term 
            physical effects are not yet known". Gemeinsam mit seinem langjährigen 
            Co-Autor Eric Jansson knüpft Johanson an seine besten Zeiten 
            an, in denen er düsteren Triphop, coolen Jazz, kühle Bossanova 
            und dumpfen Drums&Bass mit seiner hohen, zutiefst traurigen und 
            anrührenden Stimme kontrastierte. 
          Die 
            ungemein dichte, bisweilen beklemmende Intensität, mit der Johanson 
            seinen an sich eingängigen und bittersüßen Melodien 
            Intimität und Tiefe verleiht, gelingt ihm auf "The long 
            term physical effects are not yet known" vielleicht noch besser 
            als auf seinen vorigen Alben. Einen derartigen Kraftakt hätte 
            man dem verschüchtert-versponnenen Songwriter eigentlich nicht 
            mehr zugetraut.
          Umso 
            größer ist deshalb die Begeisterung über Songs wie 
            "Coffin" mit wogendem Latin-Rhythmus, über den das 
            schwedische Doppel Johanson/Jansson seinen melancholischen Sound legt, 
            das darauf folgende "Rocks in pockets" mit hyper-nervösen 
            Drums, dem wiederum das Big-Band-begleitete "As good as it gets" 
            folgt: "Such a funny little song ..." singt Johanson mit 
            leisem Anflug von Selbstironie zu dem ausladenden Sound im 40-Jahre 
            Style.
          Erneut, 
            wie schon 1998 auf "Tatoo", macht er sich selbst zum Thema 
            eines Songs ("Jay-Jay Johanson again"), schafft mit introspektiven 
            Balladen intime Momente ("Only for you", "Peculiar"), 
            beschreibt in fotorealistischer Pointiertheit Stimmungen und Augenblicke 
            ("Breaking glass", "Tell me when the party's over", 
            "New year's eve"). 
          Die 
            melancholische Eleganz seines Sounds hat Jay-Jay Johanson vor allem 
            in Frankreich zum Star gemacht. Dem Chanson-gewohnten französischen 
            Publikum ist die existenzialistische Atmosphäre seiner Musik 
            womöglich vertrauter als hierzulande, wo er noch immer ein von 
            wechselnden Plattenfirmen denkbar schlecht promoteter Künstler 
            ist. 
          Dabei 
            verdient insbesondere das neue Album höchste Aufmerksamkeit. 
            Denn dessen Langzeitwirkungen sind zwar noch nicht erforscht, doch 
            soviel kann bereits gesagt werden: Die Gänsehaut bleibt anhaltend 
            - weit über das Albumende hinaus.
          © 
            Michael Frost, 21. April 2007