Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

Konfrontative Atmosphäre


"We're passing through autumn, winter and spring". Sommer ist eine Jahreszeit, die in der Musik von Jay-Jay Johanson nicht stattfindet. Müsste man seinen Sound in Farben beschreiben, dann am besten in Grautönen. Einen noch trauriger, verletzlicher klingenden Musiker kann man sich kaum vorstellen, und da er sein neues Album "Self Portrait" betitelt hat, muss man davon ausgehen, dass es um mehr geht als um bloße Attitüde oder die bewusste Abgrenzung vom exaltierten, wenig nachhaltigen Gute-Laune-Pop.

Jay-Jay Johansons myspace-Seite weist Portishead-Sirene Beth Gibbons als Freundin aus, was nicht weiter überrascht, denn mit seinem Timbre, aber auch mit seiner faszinierenden Mixtur aus Jazz, Chanson, Electropop und Triphop gilt er schon lange als das männliche Gegenstück zu der Sängerin aus Bristol.

Jay-Jay Johanson hingegen wurde in Schwedens Autostadt Trollhättan geboren. Die musikalischen Einflüsse seiner Jugend, so heißt es, reichten von Chet Baker bis Kraftwerk, und als er 1997 sein erstes Album "Whiskey" veröffentlichte, klang er tatsächlich nach beiden: Cool Jazz, kühle Elektronik und das schneidend kalte, tief unter die Haut gehende Timbre seiner Stimme schufen einen manchmal fast erhabenen Sound, elegant, dandy-haft, aber auch voller Abgründe und Brüche.

Diesem Sound ist Jay-Jay Johanson bis heute - abgesehen von einem schrillen Ausflug in den Discopop ("Antenna") treu geblieben. "Self Portrait" knüpft nahtlos an den großartigen Vorgänger "The long term physical effects are not yet known" an. Es vereint elegische Balladen ("Sore") mit Johansons musikalischem Langzeitpartner Eric Jansson am Klavier ("Wonder wonders", "My mother's grave"), dunklen Electro-Downbeat ("Lightning strikes") mit Cooljazz-Elementen und klaustrophober Endzeitstimmung ("Medicine").

Videolink: Jay-Jay Johanson "Wonder wonders" / Quelle: youtube  

Diese dichte, konfrontative Atmosphäre ist nicht für jedermann zu ertragen. Jay-Jay Johansons Musik offenbart eine verstörende Verletzlichkeit, die man momentan wohl - neben Beth Gibbons - nur noch bei Antony & The Johnsons findet. Wer sich vor dieser Konfrontation nicht scheut, hat die Chance, das Album des Schweden als sein eigenes "Self portrait" zu erleben.

© Michael Frost, 21.02.2009


[Archiv] [Up]