Daniel 
          Lanois hat ein "Problem": Er klingt zu sehr nach U2. Hört 
          man sein aktuelles Album "Shine" - übrigens erst das 
          dritte Soloalbum seiner langen Karriere - fühlt man sich gelegentlich 
          in selige "The Joshua Tree"-Zeiten zurückversetzt, das 
          Album, mit dem U2 1987 Popgeschichte schrieb. Einer der beiden Produzenten 
          des Albums: Daniel Lanois. Der zweite: Brian Eno.  
          In 
            Wirklichkeit ist es also umgekehrt: U2 klingt nach Lanois, und das 
            bis heute, denn auch an ihrem jüngsten Studioalbum "All 
            that you can't leave behind" war der Kanadier wieder maßgeblich 
            beteiligt.
          "Shine" 
            ist ein Album im typischen Lanois-Stil: schlicht und unprätentiös 
            im positiven Sinne, mit der Ruhe und Gelassenheit, die nur ein Künstler 
            aufbringen kann, der sich und anderen nichts mehr beweisen muss, sondern 
            nur noch seinen Spaß an der Musik ausleben und in die Atmosphäre 
            seines eigenen Klangs eintauchen will. 
          Den 
            Sound trägt seine unverwechselbare Steel-Gitarre. "Sie ist 
            der Anker", sagt Lanois selbst. Ausgehend von diesem Instrument 
            entwickelt er seine introspektiven Harmonien aus Rock, Folk, Blues, 
            Country und Ambient. Größen wie die Country-Legende Emmylou 
            Harris und U2-Frontmann Bono unterstützen ihn dabei, doch den 
            Löwenanteil bestreitet Lanois selbst. Mit Ausnahme der Drums 
            (Brian Blade) spielt er fast alle Instrumente selbst. 
          Das 
            Album soll dazu verleiten, sagt Lanois, dass man es immer wieder hört 
            und nicht mehr zur Seite legt. In der Tat ist die Halbwertzeit von 
            "Shine" deutlich länger als die vieler anderer aktueller 
            Produktionen. Das liegt vor allem an der Liebe zum Detail, mit der 
            Lanois seine leisen Phantasien in Töne gegossen hat. Die filigranen 
            Arrangements lassen sich in ihrer ganzen Schönheit erst nach 
            mehrmaligem Hören entschlüsseln und offenbaren dabei immer 
            neue Facetten. Es gibt nicht viele Musiker, über die man vergleichbare 
            Aussagen treffen könnte. 
          © 
            Michael Frost, 02. Mai 2003