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Weite, lichte Landschaft


"Songs und Poesie der Gras-Steppen seiner Heimat" verspricht Peter Gabriels Real World-Label mit der Veröffentlichung des chinesischen Musikers Mamer. Nun hat man im westlichen Europa überwiegend nur eine vage Vorstellung von den Steppen in der chinesischen Provinz Xinjiang, mehr als 3.000 km von Peking entfernt.

Doch wenn es dort wirklich so aussieht wie "Eagle", so der Name des Albums von Mamer, klingt, dann ist die Gegend ein lohnendes Reiseziel und längst nicht so fremd und exotisch wie vermutet. Denn Mamers Musik beschreibt eine weite, lichte und lebendige Landschaft, geprägt durch weiche Linien, zartes Grün und den Stolz ihrer Bewohner.

Die Grundlage dieser chinesischen Variante der Country-Musik bilden sein Gesang und die nur zweisaitige Dombra, doch indem seine Stimme mehrfach übereinander gelegt und durch zusätzlichen Background verstärkt wird (gelegentlich wechselt er zum traditionellen Kehlkopfgesang), verschiedene Gitarren, Banjo und sogar eine griechische Bouzouki den Klang der Dombra untermalen, entfalten die lyrischen Balladen einen vollen, rhythmischen Klang, der mit dem, was gängigen Klischees über chinesische Musik entspräche, kaum etwas gemeinsam hat.

Maner greift die Klischees sogar spielerisch auf, indem er das Album mit einem gesampelten Radiosendersuchlauf einleitet, bei dem eine typische Peking-Oper zu hören ist. Vielleicht ist sie der Ausgangspunkt für "Eagle", in der die Landschaft seiner an Russland und Kasachstan grenzenden Heimat aus der Adlerperspektive sichtbar wird. Die Lieder, so leider nur knappe Begleittext im Booklet (englische Übersetzungen seiner Songtexte werden schmerzlich vermisst), handeln von "der Natur des Menschen, der schwierigen Balance zwischen Mensch und Natur, den Verlockungen der Moderne".

Nun wissen wir in der Regel über die Sprachen, die man in der Graslandschaft von Xinjiang spricht, in aller Regel noch weniger als über die Landschaft selber, und vermissen deshalb schmerzlich Übersetzungen der Songtexte im Booklet. So muss man sich mit der Assoziation von Songtiteln wie "Blackbird", "Celebration", "Man", "Flute song" oder "Mountain wind" (Diesen Song gibt es zum Abschluss in einem respektvollen Remix des französischen Produzenten Hector Zazou) begnügen. Doch dies ist der einzige Wermutstropfen auf einer ansonsten ebenso wundersamen wie wunderbaren Reise, auf der uns Mamer die erhabene Schönheit seiner Welt vorführt.

© Michael Frost, 09.05.2009


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