Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

Joan Baez mit
dunkler Aura

Gast-Beitrag von Stephan Stöckel

 

Im Vereinigten Königreich schießen derzeit die Sängerinnen wie die Pilze aus dem Boden. Laura Marling aus Reading ist eine von ihnen – doch sie ist stilistisch aus einem ganz anderen Holz geschnitzt als all die Adeles, Duffys und Amys, die derzeit über den Äther gehen. Laura ist nicht die Soulqueen mit rauchiger Stimme, sondern die Folksängerin, die mit friedlicher Eindringlichkeit und Weltschmerz zu betören weiß.

Sie schreibt über Dinge in einer feinsinnigen, mitunter direkten Sprache, die man einer so jungen Lady nicht zugetraut hätte. Gerade mal 17 sieht sie manches viel nüchterner als ihre Alterskollegen, erkennt sie, dass Träume oft schneller zerplatzen können, als man denkt: „Lover please do not fall to your knees. It’s not like I believe in everlasting love.“

Sie lässt sich aus über sexuelle Spannungen, zweifelt am Glauben und gelangt in dem Stück „Tap At My Window“ zu einer schonungslosen Abrechnung mit dem Thema Elternschaft: „I cannot forgive you for bringing me up this way“. Dazu gesellen sich psychologische Studien („My Manic And I“ und „Night Terror“), die in ihrer Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen.
Auch musikalisch wissen Marling und ihre musikalischen Begleiter mit ihren kraftvollen Arrangements zu überzeugen.

Den Vogel schießen die Akteure mit dem famosen Song „Crawled Out Of The Sea“ ab, der einen vom ersten bis zum letzten Ton fesselt: A cappella lässt Laura Marling ihre kraftvolle Stimme ertönen, ehe sich Akkordeon, edle Trompeten und weitere Sänger hinzugesellen, die dem ganzen einen Hauch von Marsch- und Karnevalsmusik verleihen.

Und der Zuhörer? Er ist positiv gestimmt. Lauras Vorbilder, allen voran Joan Baez, sind in ihren Weisen deutlich herauszuhören, doch die dunkle Aura, die viele Lieder umgibt, verleiht der Musik der jungen Sängerin einen ganz eigenen Charakter.

Am Ende des Albums wird es märchenhaft: „Alas I Cannot Swim“ schildert von Sehnsüchten, die aber letztlich unerfüllt bleiben, auch deshalb, weil die Protagonistin des Liedes standhaft bleibt. So kommt es eben nicht zum Märchen-Happy-End („Wenn sie noch nicht gestorben sind…“), sondern zu einem Schluss, in dem Marling dem schnöden Mammon die Stirn bietet: „There is gold across the river but I don't want none. I would rather be dry than held up by a golden gun.“


"Laura Marling: Alas I cannot swim today"
ist ein Gast-Beitrag von Stephan Stöckel.
© Stephan Stöckel, März 2008


Was du wissen solltest, wenn du uns auch eine Gast-Kritik senden willst, erfährst du hier.


[Archiv] [Up]