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"Mixtur aus Stilen
und Menschen
"
von Hans Happel


Ein Fluss, in dem sich verschiedene Ströme aus unterschiedlichen Richtungen und Regionen vereinigen und gemeinsam weiterziehen - dieses Bild verwendet der französische Meister des Akkordeons, Jean-Louis Matinier, für die Musik seines Quartetts, mit dem er jetzt die CD "Confluences" aufgenommen hat.

Entstanden ist dabei ein ungewöhnliches Stück Ensemble-Musik, ungewöhnlich in der Farbigkeit, die die Instrumente Akkordeon, Querflöte, akustische Gitarre und Kontrabass erzeugen, ungewöhnlich aber auch im gleichrangigen und harmonischen Zusammenspiel dieser Musiker, die allesamt erfahrene musikalische Persönlichkeiten sind und Virtuosität mit persönlichem Stil verbinden.

Neben dem Komponisten und Arrangeur aller neun Titel spielen sein langjähriger Partner Renaud Garcia-Fons Kontrabass, der Amerikaner Bobby Rangell Flöte und der Brasilianer Nelson Veras Gitarre. "Confluences" spricht schon im Titel vom Zusammenspiel, und das geschieht hier im allerbesten Sinne mit einer bestechenden Leichtigkeit.

Matinier hat seinem Quartett eine Kammermusik auf den Leib geschrieben, die zwischen zarten Melodien und wilden Rhythmen bruchlos wechselt, die im klassischen Sinn mit Themen und Motiven arbeitet, die klar strukturiert ist und gelegentlich die Virtuosen von der Leine läßt. "Eine Mixtur aus Stilen und Menschen ohne vorgefasste Ideen" nennt Matinier diese Musik. Das ganze ist ein feines Gewebe, in dem ein freundlich-warmer Grundton, eine ungewöhnliche Helligkeit dominieren und die Balance niemals verloren geht.

Die Melodien - mal melancholisch, mal heiter-verspielt - rufen die Erinnerung an den Charme französischer Chansons wach, aber Mastinier schreibt keine liedhafte Musik, er läßt die Themen von Instrument zu Instrument tragen, baut Zwischenthemen ein, wechselt Rhythmen und Tonarten und entwickelt so einen konzertanten Stil, der manchmal an den gestrengen Sonatensatz erinnert und bei aller Leichtigkeit außerordentlich komplex ist.

Lateinamerikanischer Rhythmus ("Sambadynos"), indische Anklänge auf dem zum "Singen"gebrachten, gestrichenen Kontrabass, französisches Timbre, klassische Akkordeontanzweisen; - diese "UNITE-MULTIPLE" - so ein Stücktitel - lebt vom "Zusammenfließen" der verschiedensten "Einflüsse", die hier nicht mühselig und künstlich fusioniert werden, sondern eine erstaunliche Einheit bilden. Matinier legt Wert auf Transparenz, die Musik wirkt an keiner Stelle verdickt, sie wird nie zu einer trüben, schwerflüssigen Soße, sie bleibt ein leichter Strom, drängend, treibend, will sie auch keinen Rausch erzeugen, dazu ist sie in ihrer Klarheit zu einfach und in ihrer Schönheit zu hell.

Wenn alle Instrumente - jeweils in verschiedenen Stücken - Solopartien erhalten, - ob Rangells voller, warmer Flötenton, Veras klassischer Gitarrenanschlag, Garcia-Fons´ "singende" Bogentechnik oder Matiniers girlandenhaft schnelle Läufe - wirkt dies nicht wie eine Pflichtübung, sondern stärkt noch den Charakter der Ensemblekunst.

Unter den Titeln einen eindeutigen Höhepunkt auszumachen, wäre ungerecht gegenüber dem Gesamteindruck, den diese wundersam beschwingte, diese erfrischende, ebenso emotionale wie intelligente "kleine Sommermusik" hinterläßt.

© Hans Happel, 10. Juli 2003

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