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Ode an die Traube


Als die britische Popband Catatonia im Sommer 2001 ihre Auflösung verkündete, kaum dass ihr Album "Paper Scissor Stone" erschienen war, konnte man nicht unbedingt mit einer schnellen Rückehr rechnen. Sängerin Cerys Matthews, deren Alkoholprobleme für die Trennung verantwortlich gewesen sein sollen, tauchte in den USA unter. Doch gelegentlich meldete sie sich via Internet bei ihren Fans und verkündete überraschend, sie arbeite an ihrem ersten Soloalbum.

Das Ergebnis wurde jetzt veröffentlicht. Das Album heißt "Cockahoop" und ist sowohl für Catatonia-Fans als auch für etwaige Suchttherapeuten der Waliser Vollblutsängerin ein ziemlicher Schlag ins Gesicht. "Chardonnay, chardonnay, I'm in love with your bouquet" röhrt sie ihrem Publikum bereits im Album-Opener entgegen: "Chardonnay, you're so cold but you're so beautiful tonight - in my hands, my trembling hands".

Ob es sich dabei um fehlende Läuterung oder bloß um hemmungslose Selbstironie handelt, lässt Matthews durchaus offen. Außer Frage steht dagegen jedoch der Eindruck von ungebrochener Energie, Musikalität und der Suche nach Wahrhaftigkeit.

Cerys Matthews experimente in Nashville mit Folksongs und Traditionals, bevor sie dann doch zu eigenen Kompositionen zurückkehrte. Vor ausschließlich akustischem Hintergrund aufgenommene Folkpopballaden, Countrysongs und Gospelgrooves harmonieren auf das Vortrefflichste mit ihrer raubeinigen Stimme, die immer klingt, als hätte sie in der vergangenen Nacht deutlich zu wenig Schlaf bekommen.

Gitarre, Banjo, Mandoline, Kontrabass, Geigen, Marimba, Trompete und Percussions begleiten Matthews auf ihrem Solo-Debüt. Sie verleihen den Aufnahmen eine Zartheit und Sensitivität, die den Catatonia-Alben zwangsläufig fehlten, und sie ermöglichen es Matthews, ihre Stimme zu modulieren. So erlebt man sie zum ersten Mal auch in zurückhaltender, manchmal gar naiver Pose.

Und so kommt man schließlich zum Chardonnay zurück. Nicht ohne Grund handelt es sich dabei nämlich um die am weitesten verbreitete Weißwein-Rebsorte. Sie gedeiht auch auf kargen Böden, ist robust bis unverwüstlich und dabei über die Maßen ertragreich. Sogar Champagner wird aus der Chardonnay-Traube hergestellt. So gesehen verwundert es wenig, dass Cerys Matthews ihr Album ausgerechnet mit einer Ode an diese Traube eröffnet: Die Verwandtschaft ist unverkennbar.

© Michael Frost, 05.07.2003

 

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