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Klänge, wie schwarze Diamanten


Die letzte Zusammenarbeit der beiden Musiker liegt bereits zehn Jahre zurück, doch in Vergessenheit geriet sie nie. Marilyn Mazur war zuvor bereits an zwei anderen Alben Garbarekts beteiligt gewesen, darunter auch "Visible World" (1995), das Album, mit dem er die Grenzen zwischen Jazz und Worldmusik vollends aufheben wollte und insbesondere die Musik der Sami in seinen Sound einband.

Auf dem Cover von "Elixir" stehen Garbarek und Mazur nun erstmals gleichberechtigt auf dem Albumcover. Das hat Gründe: der Saxophonist und die Percussionistin kommunizieren durch ihre Instrumente auf Augenhöhe. Sowieso ist Marilyn Mazur dafür berühmt, ihre in aller Welt zusammen gesammelten Schlaginstrumente nicht nur als Rhythmusgeber einzusetzen, sondern sie zu eigenständigen, manchmal gar Melodie führenden Tonträgern auszubauen. Dafür wurde sie immer wieder in die Ensembles der großen Jazz-Stars geholt, darunter Gil Evens, Wayne Shorter und vor allem Miles Davis, mit dem sie mehrfach auf Tournee ging.

Auf "Elixir" kann Marilyn Mazur nun selbst eine tragende Rolle einnehmen. Mit einer Vielzahl unterschiedlichster Percussions gelingt es ihr, den Grundton des Albums immer wieder neu einzufärben, gleich einem Kaleidoskop, das nach jedem Schütteln ein neues, buntes Muster sichtbar werden lässt. Garbarek scheint ihrem Spiel jeweils zu antworten, er unterstützt die Atmosphäre durch sein behutsames, fein ziseliertes Spiel, als könne er bei allzu hastiger Bewegung etwas Wertvolles zerbrechen.

Also spricht er mit ihr durch das Saxophon (er spielt Sopran- und Tenorsaxophon, aber auch Flöte), und sie korrespondiert mit Klängen aus Holz und Blech, Europa und China, Afrika und Amerika. So drehen sie ständig am Spannungsbogen, sie laden ein zu einer Entdeckungsreise, an der man mit offenen Ohren teilnehmen muss, um nicht die einzigartige Schönheit ihrer Klanglandschaften zu verpassen. Manchmal gerät die Reise auch zum unberechenbaren Abenteuer, denn immer bleibt das gemeinsame Spiel verstörend, irritierend und unberechenbar - weniger ambitionierte Musiker hätten "Elixir" zu einem esoterischen New Age-Album entwickelt. Doch Jan Garbarek und Marilyn Mazur wollen ihre Zuhörer nicht einlullen - sondern wecken.

Ihre besondere Kunst liegt darin, das Komponierte wie improvisiert erscheinen zu lassen. Tatsächlich haben Marilyn Mazur und Jan Garbarek das Konzept und die Musik für "Elixir" gemeinsam entwickelt (Garbarek ist Koautor von sieben der zwanzig Stücke), und sie wollen das Album sogar live aufführen. Die Premiere findet direkt zur Veröffentlichung im Januar 2008 in Marilyn Mazurs Heimatstadt statt: im so genannten "Schwarzen Diamanten" von Kopenhagen (Den Sorte Diamant), der Dänischen Nationalbibliothek. Der Name und die besondere Architektur des Gebäudes passen grandios zur Musik. Auch sie funkelt weithin sichtbar, aber nicht blendend und protzend, sondern in kühlem Understatement, doch dafür umso edler - wie ein schwarzer Diamant.


© Michael Frost, 20.01.2008

 


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