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Nichts für Salonlöwen

 

Dieser Tango ist nichts für pomadige Salonlöwen: Daniel Melingos Stimme ist dunkel, rau und kantig - Gainsbourg, Paolo Conte und Tom Waits erscheinen als Referenzen vor dem geistigen Auge. Seine Musik klingt ähnlich ungeschliffen, oft kommt sie allein mit Gitarre und Bandoneon aus ("Julepe en la tierra"), ergänzt um einen spontan wirkenden, röhrenden und pfeifenden Männerchor.

Wir erleben den tango canción in seiner ganzen Ursprünglichkeit, als atme er den Straßenstaub von Buenos Aires, und tatsächlich erzählt Melingo in seinen Tangos und Milongas die Geschichten der Gescheiterten, der Obdachlosen und Huren in Argentiniens Hauptstadt, aber auch ihrer ungebrochenen, oft verklärte Anziehungskraft für die europäische Bohème.

So traditionell Melingos Tango auf den ersten Blick auch erscheinen mag, beim genauen Hinhören wird man ein ungeheures Spektrum moderner Einflüsse entdecken, das bis zum Einsatz von E-Gitarren reicht ("Luisito"), und manchmal allein durch das Zusammenspiel der Instrumente lautmalerisch Dramen erzählt, die an Yann Tiersen oder die Filmmusiken von Santaolalla erinnern.

Geigen dienen ihm bisweilen nicht der lyrischen Untermalung, sondern einer fast psychedelischen Atmosphäre, die er mit schwerer Stimme nur noch verstärkt. Seine Songideen erreichen bisweilen bizarren Charakter ("Cha digo!"), so merkwürdig, eindringlich und unter die Haut gehend, dass er den Hinweis auf seiner Website, dass er nicht verrückt sei, an den Anfang seiner Biografie stellt.

Videolink: Daniel Melingo "Maldito tango" / Quelle: youtube
 

Dennoch verrückt er die Perspektiven der Hörgewohnheiten, nicht nur in Bezug auf den Tango. Sein Einfluss reicht bis in den Rock, dem er mit singenden Sägen und Entenpfeife auf den Pelz rückt - seine Soundideen sind unberechenbar, kompromisslos und dabei immer lyrisch und tiefsinnig. Es ist offenkundig: Melingo - ausgestattet mit einer Ausbildung am Konservatorium - hat alles andere als das Konservieren alter Traditionen im Sinn.

Damit ist er für "Mañana", das ambitionierte Label von Gotan-Project-Mitbegründer Eduardo Makaroff genau der Richtige, um die begonnene Reihe zeitgenössischen Tangos fortzusetzen: "Maldito Tango" erscheint dort in der mittlerweile schon gewohnt aufwändig und liebevoll gestalteten Aufmachung. Darüber hinaus ist Melingo genau der Richtige für ein junges, aufgeschlossenes Publikum, um den Tango neu zu entdecken und seine eindringliche Macht zu erspüren.

© Michael Frost, 06.04.2008

 

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