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Une certaine
beauté urbain
Gastkritik von Inga Stumpf

 

Ming sind zerbrechlich, zart und saft, aber auch frech und beherzt. Die kleine Frau Frédérique und der große Mann Nicolas haben sich ihren Platz im Soundwirrwarr der elektronischen Klänge geschaffen und besetzt: B-életrique ist ihre Ausdrucksform, die sie auf ihrem neuen Album "Intérieur/Extérieur" auf's beste kultivieren.

B wie Belgien. Oder Bonbon. Süß wie eine Zuckerspeise aus chansonesquem Gesang, minimalistischer Elektronik und wunderschön daherklimpernden LoFi-Miniaturen. Kleine, trashige Ohrwürmwer. Herzallerliebst und explizit übercharmant. Grundsimpel auch: Nahezu alles wird benutzt, was zum Erzeugen von Sounds verfügbar und denkbar ist. Elektrische und elektronische Instrumente und Effektgeräte dubiosester Herkunft, aber auch zusammengeschrumpfte Gitarren und Tongeneratoren aus Spielautomaten der frühen Achtziger Jahre. Analoger Billigkram sprudelt Tönchen aus sich heraus. Manchmal wie die Begleitmusik von Tetris auf einem 486er oder ein Ping-Pong Game im antiken Telespiel.

Voll von bewußter Naivität, die mit ihrer berückenden Simplizität tatsächlich Straightness herzustellen vermag. Aber nicht ohne die spärlich bestückte Basis so weit auszureizen, daß sich ein Augenzwinkern kaum übersehen läßt: Da holpert der Beat ein bisschen länger offensichtlich unbeholfen vor sich hin, als es eigentlich notwendig gewesen wäre, und dort irrt eine scheinbar sich selbst überlassene Orgelmelodie im Hintergrund endlos herum.

Oftmals melancholisch. Belgische Zartbitterschokolade. Inklusive einer Hommage an R.W. Fassbinder. Eines ihrer Liedchen zitiert "Liebe ist kälter als der Tod". Und einer selbstbewußten Coverversion von New Orders "Subculture". Mit 'errlischem frongzösichem Akzong.

Fazit: Frédérique und Nicolas beweisen einmal mehr einen sicheren Instinkt für die Verschmelzung von Chanson, Disco und experimenteller Elektronik. Introvertiertheit und Expression werden noch weiter in ihrer Schnittmenge ausgereizt. French Appeal trifft auf post-kraftwerkianische Rechenkultur. Und die akustische Farbe ist blau. Urban-elektronisches Liedgut; sehr chic und charmant.


"Ming: Intérieur Extérieus" ist eine Gast-Kritik
von Inga Stumpf / November 2001
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