vorschau  PAULA MORELENBAUM
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Zu neuem Leben erweckt

 

Das konnte gar nicht schief gehen: Der weiche Fluss des brasilianischen Portugiesisch, der leuchtend helle Klang der Stimme, in der stets ein leiser, melancholischer und sehnsuchstvoller Unterton zu hören ist - und einige der größten Komponisten Brasiliens. Keine Frage: Gäbe es die Bossanova nicht, für Paula Morelenbaum müsste man sie erfinden.

"Telecoteco" ist erst das zweite Soloalbum von Paula Morelenbaum. Ihre Erfahrung ist allerdings weitaus größer. Zuletzt hörte man sie an der Seite der SWR-Big Band, doch die neue Produktion entstand wieder mit ihrem Ehemann, dem berühmten Cellisten und Arrangeur Jacques Morelenbaum und dem aus Japan stammenden, seit Jahrzehnten aber in die brasilianische Musik vernarrten Electronica-Meister Ryiuchi Sakamoto.

Gemeinsam erforscht das Trio die brasilianische Musik der 40er und 50er Jahre, somit die Zeit vor und während der Entstehung der Bossanova. "Manha de carnaval" (1959) dürfte der berühmteste Titel dieser Auswahl sein, zugleich ist er eine der jüngsten Kompositionen. Andererseits: Einem Stück wie "O samba e o tango" (1937) sind seine Jahre überhaupt nicht anzuhören. Mit einem Bajofondo-Remix und Elektrosound klingt das Stück wie eine Komposition des französisch-argentinischen Gotan Project. Hochinteressant, wie die wohl bedeutendsten lateinamerikanischen Rhythmen des 20. Jahrhunderts schon vor mehr als 70 Jahren miteinander verknüpft wurden.

Wurde Paula Morelenbaum bei ihrem Album "Berimbaum" noch vorgehalten, Synthesizer allzu vorsichtig und ohne innere Überzeugung zu bemühen, ist die elektronische Moderne nun durchgängiges Konzept geworden - und das Ergebnis gibt ihr recht. "Telecoteco" mit seinem glasklaren Klang aus Morelenbaums Stimme, pulsierenden Percussions und den eleganten Linien von Flöten, Klavier, Posaune, Jacques Morelenbaums Cello und raffinierten digitalen Effekten offenbart eine erstaunliche Aktualität der alten Lieder. Und beweist ganz nebenbei, dass die Morelenbaums und Sakamoto würdige Erben ihrer Idole sind, deren Lieder sie auf "Telecoteco" zu neuem Leben erwecken.

© Michael Frost, 04.09.2010


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