Er 
                    ist 58 Jahre alt, er macht seit 40 Jahren Musik, er hat immer 
                    wieder mit den Größen aus Blues, Rock, Folk und 
                    Jazz zusammen gespielt, seine Musik setzt sich aus all diesen 
                    Elementen zusammen, und in der Geschichte der populären 
                    Musik gilt er längst als Legende. Van Morrison, gebürtiger 
                    Ire (Belfast), hat in Dublin ein neues Album aufgenommen. 
                    
                  Es 
                    heißt WHAT´S WRONG WITH THIS PICTURE? und dass 
                    es bei dem klassischen Jazz-Label Blue Note erschienen ist, 
                    geht schon aus dem für Blue Note typischen - minimalistischen 
                    - Cover hervor: Farbfelder in grau und schwarz, so einfach 
                    und schlicht, so handgemacht kann nur jemand daherkommen, 
                    der selbst längst zum Klassiker geworden ist. 
                  WHATS 
                    WRONG WITH THIS PICTURE heißt nicht nur der Titelsong, 
                    das ganze Album - 13 Songs, davon 10 Eigenkompositionen - 
                    ist eine öffentliche Selbsterkundung. Wer bin ich, fragt 
                    Van Morrison und distanziert sich von den Mythen, von dem 
                    "Goldfisch"-Glas-Dasein, von dem Ruhm, dem "ganzen 
                    Andy Warhol"-Stoff, vom eigenen "Watergate", 
                    von dem, was deformiert und korrumpiert. 
                  Er 
                    möchte nichts weiter als ein einfacher Guy sein, der 
                    seinen Weg geht, seine Gigs hat und seiner Musik treu bleibt: 
                    "Jazz, Blues&Funk, Folk with a beat, and a little 
                    bit of Soul." 
                  Und 
                    genau das macht Van Morrsion auf dieser CD mit einer unendlichen 
                    Lockerheit, einer Gelassenheit, aber auch einer Klarheit und 
                    Kraft, die das Abgeklärte und Weise seiner Haltung in 
                    eine lustvoll präsentierte Musik übersetzt. 
                  Das 
                    reicht vom stilechten wilden Rythm&Blues a la Chuck Berry 
                    (mit dem Lightnin Hopkins Titel "Stop Drinking") 
                    bis zu den dunklen, tief melancholischen Bluesnummern "Too 
                    many Myths" und dem Traditional "Saint James Infirmary". 
                    Diesen klassischen Satchmo-Titel befreit Van Morrison wahrscheinlich 
                    nicht von ungefähr aus der Literatur, denn Albert Camus 
                    hat ihn in seinem Roman "Die Pest" verewigt. 
                  Und 
                    Camus wird von Van Morrison in einem der düstersten Songs 
                    dieses Albums neben Sartre, Nietzsche und Hesse angerufen: 
                    In MEANING OF LONELINESS spricht Van Morrison von der "solitude", 
                    der niemand entfliehen kann: "Some of my friends think 
                    that I`m really blessed/nobody knows the meaning of loneliness." 
                    
                  Aber 
                    Van Morrison öffnet nicht nur die "Hinterhöfe" 
                    des eigenen Ich, er spricht nicht nur von den "existentiellen 
                    Ängsten", die ihn zum Menschen statt zum Mythos 
                    machen, er beschwört immer wieder die Sehnsucht nach 
                    einer einfachen Begegnung: Das ohrwürmige ONCE IN A BLUE 
                    MOON erzählt von der happiness, die dann entsteht, wenn 
                    einem jemand "like you" über den Weg läuft. 
                    Es ist eine intensive Feelgood-Musik, die von einer außerordentlich 
                    groovenden Band mit tänzerischen Bläsersatz unterstützt 
                    wird. 
                  Was 
                    wäre Van Morrison ohne seine Musiker! Obwohl die Aufnahmen 
                    bei verschiedenen Sessions entstanden sind, wirken sie wie 
                    aus einem Guss. Es sind durchweg brilliante Musiker, die in 
                    eigenen Soli diskret und verspielt auf Van Morrisons bluesige 
                    Melodielinien antworten: Foggy Lyttle (E-Gitarre), Matt Holland 
                    (Trompete) und Richard Dunn (Hammond Orgel, Piano) gehören 
                    zur Stammbesetzung und prägen die musikalische Form, 
                    jene Eleganz, Direktheit und Transparenz, die das ganze Album 
                    kennzeichnen. 
                  Liam 
                    Bradley und Bobby Irwin wechseln sich an den Drums ab. Neben 
                    zahlreichen weiteren Gästen im Bläsersatz, der nie 
                    süffig oder schwerfällig wird, sondern immer geschmeidig 
                    bleibt, gibt es einen Überraschungsgast: Der britische 
                    Jazz-Traditionalist Mr. Acker Bilk, der nicht zum erstenmal 
                    mit VanMorrison zusammen spielt, gibt mit seinem samtweichen 
                    Swinging-Sound auf der Klarinette dem von ihm mitkomponierten 
                    Titel "Somerset" jene Verträumtheit, in die 
                    sich Van Morrison hier einnistet: es ist eine leise, geradezu 
                    nachlässig schlendernde Rythm&Blues-Fantasie von 
                    einer schönen Frau und einem glücklichen Paar: "Oh 
                    we walked, walked and walked and walked all along the sand/ 
                    And it felt just like our love just began." 
                  Aber 
                    auch hier gilt: alles ist blue note, und die Einsamkeit wartet 
                    schon hinter der Idylle. WHATS WRONG WITH THIS PICTURE? ist 
                    eine Liebeserklärung an die eigenen Musik und ihre zahlreichen 
                    Wurzeln, auch an die Verantwortung vor dem eigenen Weg und 
                    ein radikal ehrliches Bekenntnis: