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All is full of love


Ihre Musik klingt, als würde sie die Erde zum ersten Mal betreten. Sofern sie sie überhaupt berühren würde. Denn alles an diesem Album ist so wunderbar leicht, freundlich und verspielt, man möchte die Sängerin fast für naiv halten - wäre da nicht diese feine Melancholie, die, kaum spürbar, das Album als Subtext begleitet. "I'm a new soul", singt Yael Naim, "I came to thist strange world // Hoping I could learn a bit // about how to give and take".

Man ahnt bereits, dass diese Unbekümmertheit irgendwann mit der Realität des "wahren Lebens" konfrontiert werden muss, doch Yael Naim kann auch der Widersprüchlichkeit menschlichen Handelns noch ein Happy End abgewinnen, und so offenbart sich ihre unverbrüchlicher Glaube an das Gute als Überlebensstrategie, die vermutlich mit ihrem Lebensweg in Einklang steht:

Yael Naim wurde als Tochter tunesischer Juden in Paris geboren, wuchs jedoch in der Umgebung von Tel Aviv in Israel auf, wo sie auch heute noch lebt. So dürfte sie keineswegs die naive Träumerin sein, die man zunächst in ihr vermutet. Beim genaueren Hinhören erkennt man in ihr dann auch eine Sängerin, die sich trotz aller Erfahrung das Träumen nicht nehmen lässt.

Hebräisch ist ihre Familiensprache, und erfreulicherweise singt sie auf ihrem Album auch in dieser Sprache - in einem authentisch wirkenden Wechsel mit Englisch.

Ihre zarte Stimme schwebt engelsgleich über den betörenden Balladen, Chansons und Folkpop-Weisen, ebenso vorsichtig wie liebevoll instrumentiert und arrangiert von David Donatien, der das Debüt seiner Kollegin kongenial in Szene setzt, augenscheinlich von ihr ebenso fasziniert wie inzwischen die gesamte Musikwelt.

Dabei ist das wirklich Hinreißende weniger das, was auf diesem Album passiert, es geht darum, wie die Musik ihre Zuhörer um den kleinen Finger wickelt - wie Yael Naim ihre Stimme moduliert, wie das Cello ihren Gesang umspielt, wie die Percussions einen leise wogenden Rhythmus formen, wie famos die dunkle und dennoch leichte Stimmfärbung ihres Duettkollegen Clement Verzi alias "Kid with no Eyes" mit ihr harmoniert, wie ausgewechselt ihre Coverversion des Britney Spears (!)-Hits "Toxic" klingt - harmonisch wie überhaupt alles auf diesem Album, das wie geschaffen ist für den erwachenden Frühling, weil es mit allen Poren Verliebtheit verströmt.

Die Herzen von Publikum und Kritikern hat Yael Naim - ungewöhnlich genug für ein nicht englischsprachiges Album - überall dort im Sturm genommen, wo ihr Debüt bereits veröffentlicht wurde. Es soll Apple-Chef Steve Jobbs höchstselbst gewesen sein, der ihren Song "New soul" für eine internationale Werbekampagne auswählte. Außerdem erhielt sie bereits das französische Pendent zum Grammy, den "Victoire de la Musique", in der Kategorie "Bestes Weltmusik-Album".

Der einzige Grund, weshalb ihr ein vergleichbarer Erfolg in Deutschland, wo "Yael Naim & David Donatien" Anfang März 2008 erschien, nicht beschieden sein wird, ist, dass es eine entsprechende Kategorie bei der "Echo"-Verleihung skandalöserweise noch immer nicht gibt.

© Michael Frost, 16.03.2008

 


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