Als 
            die "Neue deutsche Welle" in den 80ern irgendwann an ihrer 
            eigenen Kommerzialisierung zugrunde ging, blieb in der heimischen 
            Musiklandschaft ein großes Loch. Seitdem entstand zwar vor allem 
            im Umfeld von Techno und Hiphop eine neue und sehr erfolgreiche Szene 
            - aber gute, also innovative und experimentelle Popmusik aus deutschen 
            Landen ? - Fehlanzeige.
          Nur 
            langsam schließt sich die Lücke - woran wiederum ehemalige 
            NDW-Stars wie Inga Humpe nicht ganz unschuldig sind. Mit ihrem aktuellen 
            Projekt "2raumwohnung" gelang ihr ein überraschendes 
            Comeback ("Kommt zusammen"). Nicht nur Inga Humpe steht 
            für den Brückenschlag zwischen den 80ern und der jungen 
            Garde, denn es wird kein Zufall sein, dass am Anfang der "Neuen 
            Heimat" ein Klassiker steht: "Hey little girl", Mega-Hit 
            des Synthie-Pop, diesmal in der Version von Matthias Schaffhäuser. 
            Auch Sven Väth, der das Album mit "Strahlemann & Söhne" 
            beschließt, ist kein Unbekannter mehr. 
          Doch 
            zwischen beiden gibt es viel Neuland zu entdecken - eine Fundgrube 
            für alle Neugierigen und der gelungene Versuch, die bislang als 
            lose und unzusammenhängend empfundene Bewegung zusammenzufassen, 
            ohne sie freilich in ein festes Korsett zu zwängen: Die 31 Titel 
            der Doppel-CD markieren die Zwischenbilanz einer als solche noch gar 
            nicht empfundenen Bewegung junger Musikerinnen und Musiker, die sich 
            mit großem Selbstbewusstsein und unverbrauchter Neugier internationalen 
            Standards nähern, mit Klängen spielen, mit Sprache, mit 
            Stimmen und Stimmungen - sich Schubladen verweigern, sich nicht zwischen 
            Avantgarde und Mainstream entscheiden wollen, sondern den Anspruch 
            erheben, beides gleichzeitig zu sein. 
          Die 
            Ergebnisse der auf dem Album vertretenen Künstler sind zwangsläufig 
            so unterschiedlich wie ihre Macherinnen und Macher selbst. Es gibt 
            hypnotische Computerklänge aus der Post-Kraftwerk-Ära, witzig-ironischen 
            Synthie-Pop, Club-Sounds, insgesamt einen sehr abwechslungsreichen 
            Sound, der das Album zu einer spannenden Reise durch die Gegenwart 
            werden lässt und vielleicht eines Tages im Rückblick den 
            Beginn einer neuen "neuen deutschen Welle" markiert. Dass 
            es ausreichend kreatives Potenzial gibt, um eine solche Bewegung zu 
            begründen, steht auch dank der vorliegenden Compilation außer 
            Frage. Spannende Zeiten stehen uns bevor !
          Michael 
            Frost, 9. Februar 2002