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Entrückter Kosmos


Arme reiche Plattenfirma ! Radiohead entwickelte sich zwar zum Mega-Act und zu einer der wichtigsten Bands überhaupt, das allerdings mit Musik, die alles andere als charttauglich ist.

Nach dem experimentellen Quantensprung "Kid A" im letzten Jahr war deshalb Selbst-Beruhigung angesagt: "Amnesiac", parallel zu den "Kid A"-Aufnahmen eingespielt, werde anders, rockiger, gitarrenlastiger, eine Rückkehr Radioheads zu ihren Wurzeln.

Nichts davon stimmt. "Amnesiac" ist eine Fortsetzung von "Kid A" - mit anderen Mitteln. Zwar gibt es Gitarren, zu Gitarrenrock aber machen sie "Amnesiac" deshalb noch längst nicht.

Das Album bietet elf spannungsreiche Kompositionen, darunter durchaus auch eingängigere Melodien, aber wie schon bei "Kid A" nicht einen, der als radiotauglicher Mainstream eine Chance hätte, und zwar schon deshalb nicht, weil es so schwer fällt, einzelne Titel dieses beklemmenden Gesamtkunstwerks herauszubrechen.

Versunken und selbstvergessen entführen Yorke und Co. uns erneut in ihren entrückten Kosmos. Alles, was für "Kid A" gesagt und geschrieben wurde, stimmt auch für dieses Album.

Beide Aufnahmen hätten bereits im vergangenen Jahr als Doppel-CD erscheinen können. Vielleicht ist die Tatsache, dass dies nicht passierte, der eigentliche kommerzielle Hintergrund von "Amnesiac".

Wieder erleben wir Thom Yorke mit brüchig klaustrophober Stimme - er singt nicht, er wimmert ("You and whose army ?")-, wir hören sphärische Klangkunst, wähnen uns in Kafkas Schloss, fühlen uns desperat, orientierungslos, paranoid, verlassen und vereinsamt.

Erst zum Abschied führt uns Yorke ins Leben zurück, oder was wir dafür halten, denn die unvermutet einsetzenden und Lebensfreude versprechenden Blasinstrumente entpuppen sich als Teil eines typtischen New-Orleans-Blues, wie man ihn bei Trauerzügen hören kann, und so nehmen wir, angeführt vom Lamento Yorkes über das "Leben im Glashaus" Abschied und verlieren jede Hoffnung - mit Ausnahme der auf das nächste Album von Radiohead.

MF / 09.06.01

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